Junior-Onlineredakteur Nico. Bild: BUB/CJD-UPDATE
Junior-Onlineredakteur Nico. Bild: BUB/CJD-UPDATE

Information-Broker, Mediendokumentar, Mitarbeiter am Helpdesk von Softwareherstellern oder in der Inhouse-Informationsvermittlung von Medienkonzernen – da sind laut DGI (Deutsche Gesellschaft für Informationswissenschaft und Informationspraxis e.V.) verheißungsvolle Bezeichnungen für ein auf den ersten Blick unscheinbares Berufsbild, den Dokumentar.

Dabei kennt das jeder: Sucht man zu einem bestimmten Thema spezielle Daten und Fakten, versinkt man entweder in einer unübersichtlichen Informationsflut oder – etwa wenn es um Daten aus der Zeit VOR dem Internet geht – man findet nichts. Für alle, die sich für diesen Beruf interessieren, hat Junior-Onlineredakteur Nico (Klasse 6a) von der WEBLOG AG nachgefragt – bei seinem Onkel, der im bekannten Nachrichtenmagazin FOCUS als wissenschaftlicher Dokumentar beschäftigt ist.

Berufsbild „Wissenschaftlicher Dokumentar“

Interview mit Bernd Hempeler, wissenschaftlicher Dokumentar beim Nachrichtenmagazin FOCUS

CJD-UPDATE: Was ist FOCUS?
Focus ist ein Nachrichtenmagazin, das seit 1993 jede Woche am Montag erscheint und alle wichtigen Bereiche abdeckt, von Politik über Wirtschaft bis hin zu Kultur und Medizin. Neben diesem wöchentlichen Nachrichtenmagazin gibt es noch einige Publikationen für spezielle Themengebiete, wie Focus Gesundheit, oder Focus Money.

Warum heißt die Zeitschrift „Focus“?
Gute Frage! Ich könnte mir vorstellen, es heißt Focus, weil die Journalisten sich auf bestimmte Themen konzentrieren, diese „scharf stellen“ und möglichst genau betrachten. Wie beim Fotoapparat.

Mit welchen Themen beschäftigt sich FOCUS?
Wir beschäftigen uns mit allen Themen, die wichtig und aktuell sind, momentan etwa mit den Koalitionsverhandlungen von CDU und SPD oder mit den wiedergefundenen Kunstwerken aus der Nazi-Zeit1.

Was ist dein Job bei FOCUS?
Die genaue Bezeichnung lautet „Wissenschaftlicher Dokumentar“: Dokumentare sind grundsätzlich dafür zuständig, Informationen in einer riesigen Datenmenge wiederzufinden, zum Beispiel im Internet, in Archiven oder Datenbanken. Wir arbeiten bei Fernsehsendern, Zeitungen und Zeitschriften, aber auch bei Banken und Unternehmensberatungen – also überall dort, wo man die „Nadel im Heuhaufen der Informationen“ suchen und möglichst schnell finden muss. Bei FOCUS sind übrigens insgesamt 12 Dokumentare beschäftigt.

Bernd Hempeler, wissenschaftlicher Dokumentar bei FOCUS. Foto: privat
Bernd Hempeler, wissenschaftlicher Dokumentar bei FOCUS. Foto: privat

Welche Ausbildung war dazu erfoderlich?
Zunächst habe ich Biologie, Germanistik und Philosophie studiert, anschließend eine zweijährige Weiterbildung zum „Wissenschaftlichen Dokumentar“ absolviert. Im ersten Jahr habe ich praktische Erfahrungen gesammelt, da war ich zum Beispiel im Medienarchiv des Südwestdeutschen Rundfunks, während das zweite Jahr dem theoretischen Unterricht an der Fachhochschule Potsdam gewidmet war. Hier habe ich gelernt, was eine Datenbank oder ein Thesaurus ist. Außerdem war ich an verschiedenen Projekten beteiligt: So haben wir beispielsweise den Internetauftritt für eine Uni gestaltet oder eigenständig eine Datenbank programmiert.

Was sind deine konkreten Aufgaben bei FOCUS?
Im Großen und Ganzen könnte man es als Informationsvermittlung bezeichnen: Wenn ein FOCUS-Redakteur einen Artikel über ein bestimmtes Thema schreiben will, so benötigt er zuvor Informationen, er muss etwa wissen, was die Journalisten anderer Magazine und Zeitungen schon darüber veröffentlicht haben. Diese Artikel aus der deutschen und internationalen Presse sind in Datenbanken archiviert, auf die nicht jeder zugreifen kann, weil sie kostenpflichtig sind – wenn man dort Dokumente aufruft, dann muss man jeweils einige Euro bezahlen. Ich stelle also den FOCUS-Journalisten die wichtigsten Texte zu ihrem Thema aus den Presse-Datenbanken zusammen. Dies ist mein erster Aufgabenbereich, die Recherche.

Meine zweite Aufgabe besteht in der Verifikation, also der Überprüfung aller Fakten eines Artikels: Focus kostet Geld, und da fragen sich viele: Warum soll ich ein Magazin kaufen, wenn ich im Internet vergleichbare Artikel kostenlos lesen kann?. Die Antwort lautet: Bei uns im gedruckten Heft stimmen alle Informationen hundertprozentig, im Internet stehen hingegen viele halbwahre oder gar völlig falsche Dinge. Außerdem: Publiziert Focus eine falsche Behauptung über einen Prominenten, so kann dieser das Magazin verklagen, und schlimmstenfalls muss Focus mehrere hunderttausend Euro Schadensersatz bezahlen! Damit dies nicht passiert und nur korrekte Infos im Heft stehen, überprüfen wir Dokumentare jede einzelne Aussage, bevor der Artikel im Focus veröffentlicht wird!

Woher bekommt ihr die Informationen?
Am wichtigsten sind, wie schon gesagt, die kostenpflichtigen Datenbanken. Im Internet recherchieren wir natürlich auch. Dort kann allerdings jeder irgendetwas veröffentlichen, und daher muss man prüfen, wer die jeweilige Website ins Netz gestellt hat. Wenn man beispielsweise Informationen über die Kanzlerin Angela Merkel benötigt, dann ist die offizielle Bundesregierungs-Seite natürlich eine super Quelle. Stammt die Information allerdings von einer anderen Internetseite, dann können wir sie nicht verwenden – es könnte ja schließlich eine Fehlinformation über Merkel sein. Man muss also wissen, welche Quelle vertrauenswürdig ist.

Welche anderen Berufe gibt es bei FOCUS noch so?
Am wichtigsten sind natürlich die Journalisten, dann gibt es noch Fotografen, Grafiker, Sekretärinnen, Systemtechniker und vieles mehr.

Wie lange arbeitest du schon bei FOCUS?
Seit dem 1. November 2000, also seit über 13 Jahren.

Bist du extra nach München gezogen, um bei Focus zu arbeiten?

Zunächst war ich bei einer Münchner Computerfirma als Praktikant beschäftigt; nach Abschluss des Praktikums hat mir diese Firma eine Stelle angeboten. Leider war die Bezahlung relativ schlecht, und manches hat mir nicht gefallen, wie die vielen unbezahlten Überstunden. Als ich dann gehört habe, dass bei FOCUS Dokumentare gesucht werden, habe ich mich beworben und die Stelle auch bekommen. Ich war also vorher schon in München. Interview: Nico Ludwiczak

Linksunten: FOCUS Online-Nachrichten

(Teaser/Gestaltung: Andreas Bubrowski)

  1. Das Interview wurde Mitte November 2013 geführt.