Erfahrungsbericht aus der Mittelstufe

Es steht jedem Lehrer frei, aus didaktischen Gründen, etwa zu einer Spontan-Recherche im Web oder zur Zeitmessung in Physik, Schüler mit ihrem Smartphone arbeiten zu lassen. Bild: A. Bubrowski/CJD Oberurff
Es steht jedem Lehrer frei, aus didaktischen Gründen, etwa zu einer Spontan-Recherche im Web oder zur Zeitmessung in Physik, Schüler mit ihrem Smartphone arbeiten zu lassen. Bild: A. Bubrowski/CJD Oberurff

Seit Februar gibt es die neue Handy­ordnung. Es ist immer noch so, dass man im Unterricht das Handy nicht benutzen darf. Man könnte ja zum Beispiel bei einer Klassen­arbeit spicken und anderes. In den Pausen darf man das natürlich auch nicht. Aber halten sich die Schüler daran? Ich habe es noch nie mitbekommen, dass sich ein Schüler nicht daran hält. Früher durften Handys in der Schule überhaupt nicht benutzt werden. Bei der neuen Ordnung darf man sie nur von 8.00 Uhr bis 13.10 Uhr nicht benutzen. Es sei denn, der Lehrer erlaubt einem dies zu schulischen Zwecken. In meiner Klasse war man sich nicht sicher, ab wann das ist und ich glaube, manche Lehrer sind sich da auch nicht so sicher.

Manche Lehrer ermahnen Schüler, obwohl es noch nicht 8.00 Uhr ist oder schon 13.10 Uhr. Viele Schüler haben ihr Handy auch nur auf Lautlos. Es gibt ja auch Geräte, die Handys aufspüren können. Man könnte einfach den Flugmodus einschalten. Dann könnte dieses Gerät das Handy nicht mehr erkennen. (NICO LUDWICZAK, 6a)

FIGHT4EMU

Erfahrungsbericht aus Lehrersicht

Cafeteria, eine dritte Stunde – Die Cafeteria ist knapp zur Hälfte mit Schülern der Oberstufe besetzt. Im Neudeutschsprech: Chillige Atmosphäre. Die einen unterhalten sich, andere lesen, ein paar Lernteams, eine Gruppe Mädchen experimentiert mit ihren Frisuren. Als der Lehrer unvermittelt den Raum betritt, richten sich geschätzt ein Dutzend leicht erschreckter Blicke auf ihn. Gleichzeitig erfolgt pro Blick ein dezentes Senken der Hände erst unter den Tisch, dann Richtung Gesäßtasche oder Schultasche. Ein oder zwei Schüler haben den Eindringling nicht bemerkt. Sie tippen und wischen weiter auf ihrem Smartphone.

Eigentlich hat der Lehrer keine Lust dazu, er will nur in Ruhe einen Kaffee trinken. Doch es wurde nun einmal aus gutem Grund auf der Lehrerkonferenz beschlossen, er muss sich notgedrungen an die Schüler wenden und sie auf das Handyverbot hinweisen. Die Schüler reagieren sofort, entschuldigen sich, schalten das Gerät aus und packen es weg. Die ironische Bemerkung des Lehrers von wegen Vorbildwirkung wird grinsend quittiert. Alles sehr kooperativ. Der Lehrer entscheidet daher, dass es wohl pädagogisch effektiver ist, es dabei zu belassen und auf das vorgeschriebene Handy-Einsammel-Prozedere in dem Fall zu verzichten.

Das waren noch analoge Zeiten... (Symbolbild). Bild: A. Bubrowski/CJD Oberurff
Das waren noch analoge Zeiten… (Symbolbild). Bild: A. Bubrowski/CJD Oberurff

Dann endlich Kaffee und ein paar Arbeiten am Laptop erledigen. Da meldet sich FIGHT4EMU – ein passwortgeschütztes WLAN – am Bildschirm. Jemand aus der Runde hat also sein Smartphone jetzt doch noch aktiv und hat sogar ein WLAN aufgebaut. Ein doppelter Verstoß gegen die „Unterrichtsordnung zu elektronischen Medien“, die seit Februar im CJD Oberurff die bisherige „Handyordnung“ abgelöst hat. Was nun tun? Die „chillige Atmosphäre“ zerstören? Den „Täter“ suchen? Offenbar ist keine Gefahr im Verzug. Alle warten brav, bis der kaffeetrinkende Lehrer wieder seinen Laptop zuklappt und verschwindet. Vielleicht gibt es gar keinen „Täter“, sondern nur Unkenntnis darüber, dass FIGHT4EMU aktiv ist und auch aus der Schultasche heraus treue Dienste leistet. Die klaren Regeln der neuen Handyordnung und Lehrer, die der Situation angemessen wachsam auf die Einhaltung der Regeln achten – der Mix scheint zu funktionieren. FIGHT4EMU hatte sehr wahrscheinlich in der Zeit keine aktiven Nutzer. (ANDREAS BUBROWSKI)

LINKSUNTEN: Süddeutsche Zeitung: Simsen und Spicken verboten