Physik, E-Lehre: 60 Jahre im Untergrund sind selbst für elektrische Leiter zu viel
Bad Wildungen – Wochenlang rückt der Baulärm näher und kommt eines Morgens schließlich vor dem eigenen Fenster an. Nichts mit Ausschlafen. Was machen „die“ da nur? Nachfragen! Kräftige braun gebrannte Männer beugen sich diskutierend über den aufgerissenen Graben in der auch sonst schon engen Straße. Konstantin Kesting, Bezirksmeister Strombetrieb der ENERGIE WALDECK-FRANKENBERG GMBH (EWF), klärt bereitwillig den ruhegestörten Anwohner auf: „Hier müssen über 60 Jahre in der Erde liegende Kabel erneuert werden. Sehen Sie selbst.“
Elektrische Leiter werden im naturwissenschaftlichen Curriculum der Sek I des CJD Oberurff an vier Stellen thematisiert: In der Realschule in den Jahrgangsstufen acht (Elektrizitätslehre 1) und zehn (Elektrizität in der Technik), im Gymnasium in den Jahrgangsstufen sieben (Magnetismus & Elektrizitätslehre 1) und acht (Elektrizität 2). In „Elektrizität 1“ geht es vor allem um die qualitative Einordnung von Stoffen und Körpern als Leiter oder Nicht-Leiter und das praktische Verständnis zum Zusammenhang zwischen Spannung, Stromstärke und elektrischen Widerstand (Ohm’sches Gesetz). Nachfolgend sollen Schüler weiterführend den Einfluss von Material (spezifischer elektrischer Widerstand), Länge und Querschnitt des Leiters auf den elektrischen Widerstand (Widerstandsgesetz) erkennen und daraus praktische Schlussfolgerung ziehen können.
Etwa um zu erkennen, dass Aluminium mit einem spezifischen Widerstand von 0,028 nur etwa halb so gut als Leiter geeignet ist wie Kupfer (0,017). Daher verwundert es zunächst, wenn Bezirksmeister Kesting auf die Frage, wie denn die neu verlegten Kabel aussehen würden, kurzerhand das bereits isolierte Ende eines aus dem Erdreich herausragenden Kabels wieder freilegt und vier blanke Aluminiumadern herzeigt. Da sich der ruhegestörte Anwohner bereits zuvor als Physiklehrer geoutet hatte, beantwortet Kesting die sich aufdrängende Frage gleich selbst: die neuen Kabel wären zwar tatsächlich wegen des Materials nur „halb so gute“ Leiter. Aber einerseits ist Aluminium zur Zeit billiger und andererseits ist der Leitungsdurchschnitt mit 150 Millimetern gut doppelt so groß wie beim alten Kupfer. Und damit, so Kesting, hebt sich der Nachteil wieder auf. Wer kann die Behauptung rechnerisch beweisen1? ANDREAS BUBROWSKI
Anmerkung: Vielen Dank an Konstantin Kesting für das geduldige Kommunizieren der technischen Details.
- Kleine Hausaufgabe für alle Physik-Schüler des Verfassers. ↩
Kommentare