Tour de France für Anfänger
Grenoble/Barcelonnette – Ich wusste nicht so richtig, auf was ich mich da einlassen würde, aber als mich Rolf Kather, Leiter der Triathlon AG, gefragt hat, ob ich für eine Woche gerne mit in die Französischen Alpen zum Fahrradfahren möchte, sagte ich ohne zu zögern zu. Dass diese Reise kein Erholungsurlaub sein würde, stellte sich spätestens heraus, als ich erfuhr, wer sonst noch so mitfährt: Die mehrfachen Hessenmeister Niclas Aue und Eiko Berlitz, Frank Eckhart, passionierter Radfahrer, der am Vortag extra eine kurze Runde von 170 Kilometern gefahren ist, und Rolf Kather, der laut eigener Aussage mit täglich etwa 50 Kilometern gerade eher nicht im Training ist. Gut, dachte ich mir, die Reise wird bestimmt lustig, aber du fährst mit den falschen Leuten da hin.
Drei Tagesordnungspunkte (TOP): Essen, Fahrradfahren, Schlafen
Mit diesem Vorwissen und einer Packung Müsliriegeln setze ich mich mit den Jungs in den CJD-Bus und hoffte das Beste. Ursprünglich wollte ich Tagebuch schreiben, um wesentliche Begebenheiten festzuhalten; leider hatte ich jedoch keine Zeit. Ich hätte ja nicht ahnen können, dass man mit diesen drei Tagesordnungspunkten (TOP) Essen, Fahrradfahren und Schlafen so viel Zeit eines Tages füllen könnte.
TOP 1: Essen
Morgens und abends gab es zwischen unseren Zelten immer ein selbstkreiertes Buffet auf einer Kirmesgarnitur. Die Auswahl war mindestens genau so abwechslungsreich wie in einem All-in-Hotel, nur ohne das hektische Tellergeklappere, dafür aber mit Vogelgezwitscher und den ersten oder letzten Sonnenstrahlen, die zwischen den Pinien durchdrangen.
TOP 2: Fahrradfahren
Insgesamt sind wir über 650 Kilomter, 15.000 Höhenmeter und 13 Pässe in sechs Tagen gefahren. Viele der Pässe kennt man von der Tour de France und auf den Straßen kann man in unterschiedlichen Farben und Sprachen die Motivationssprüche der Fans erkennen. Die Vielseitigkeit der Alpen kann man vom Sattel besonders gut wahrnehmen: Wir fuhren durch urige Täler, kletterten im Wiegeschritt die steilen Serpentinen hoch und ahnten, wie Chris Froome und Lan Armstrong sich gequält haben mussten. Zwischenzeitlich hatte ich etwas Angst, dass ein verwesungsähnlicher Geruch Fliegenschwärme anzog und um mich scharen ließ. Vielleicht war dies auch nur die Vorstufe von kreisenden Geiern?
Außerdem sahen wir Murmeltiere, Wasserfälle und noch Verrückte wie wir und merkten, wie wir in einer vulkanähnlichen Landschaft auf bis zu 2.802 Metern Höhe die dünne, immer kühler werdende, klare Luft einatmeten. Endlich oben angekommen, konnte man die wohlverdiente Aussicht der gigantischen Alpen genießen. Was mindestens genauso atemraubend war, waren die schnellen Abfahrten, die teilweise 30km ins nächste Tal durch Skigebiete und durch kleine, rustikale Bergdörfer führten, wo die Bewohner Boule spielten oder im Schatten von Platanen ihren obligatorischen Rotwein genossen.
TOP 3: Schlafen
Da eine ausreichende Regeneration nicht nur lediglich über eine adäquate Zufuhr an Macro- und Micronährstoffen besteht, fiel ich im komatösen Zustand zu einer relativ frühen Uhrzeit auf meine Isomatte. Auch wenn jemand meinen könnte, dass dies ein leichtes Unterfangen darstellt, der irrt. Meine Isomatte war leider etwas defekt und so füllte sie sich nur in der Mitte mit Luft, so dass meine Matte auch einem Berg glich, von welchem ich wahlweise links oder rechts samt Schlafsack runterrollte. Am nächsten Morgen hatte sich das Problem schon längst in Luft aufgelöst, genauso wie die Luft aus meiner Matte. Zum Glück, so dachte ich mir, habe ich meine Blackroll (so etwas wie eine Teigrolle für Menschen) mitgenommen, dann kann ich gleich meine Rückenverspannungen bearbeiten – und wenn ich schon einmal dabei bin auch alle anderen, schmerzenden Muskelpartien meines Körpers. Mein Fazit: Trotz geringfügiger Strapazen habe ich eine unvergessliche Woche mit einer tollen Gruppe verbracht! CHRISTINA LECHNER
[mappress mapid=“57″]Col de la Croix de fer
(Gestaltung: BUB)
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