Mittlere Reife 2019: Absolventen der Realschule feierlich verabschiedet
Letzten Sonntag bekamen die Absolventen des Jahrgangs 2019 der Realschule des CJD Oberurff in der Cafeteria feierlich ihr Abschlusszeugnis, die Mittlere Reife, überreicht. Wie in jedem Jahr? Ja und nein. Schulleiter Günter Koch wies in seiner Ansprache darauf hin, dass nur auf dem ersten Blick alles wie immer sei. „Ihr werdet erkennen müssen, dass nicht alles, was geschrieben steht, auch wirklich der Wahrheit entspricht“.
Mittlere Reife 2019: In Oberurff das Rüstzeug bekommen
Ansprache von Schulleiter Günter Koch (Auszug), 16. Juni 2019:
Liebe Schülerinnen und Schüler,
liebe Eltern, Verwandte, Freundinnen und Freunde,
liebe Kolleginnen und Kollegen!Alle Jahre wieder, könnte man sagen. Jedes Jahr etwa zur gleichen Zeit stehe ich hier und versuche, einige Worte zum Schulabschluss eines Jahrgangs zu formulieren. Die Eindrücke von Berlin wirken noch nach, jeder Jahrgang ist einzigartig, früher war ich noch näher an den Jugendlichen, aber oft hat man auch ein Déjà-vu: die Ausreden in Berlin, warum man denn nachts um eins noch vor dem Hotel steht, werden wohl von Generation zu Generation so überliefert und weitergetragen: „Ja, ich wollte nur mal sehen, wo meine Zimmernachbarn sind, ich muss noch mal eben telefonieren, ich habe gar nicht gesehen, dass es schon so spät ist“, und und und… Überlieferungen, anders kann ich mir das gar nicht erklären.
Als Lehrer sondert man im Laufe eines Berufslebens jede Menge „Lebensweisheiten“, Sprüche und dummes Zeugs ab. Und je länger so ein Berufsleben ist, desto mehr Unsinn sammelt sich an. Ich hatte einmal vor mehr als 20 Jahren eine Klasse, die mir zum Abschied eine Sammlung meiner Sprüche über drei Jahre überreicht hat, die ich jetzt beim Aufräumen im Keller wiedergefunden habe. Erschreckend! Einer dieser Sprüche war: „Du meine Güte! Und ihr sollt mal meine Rente zahlen! Ich sehe mich schon unter einer Brücke schlafen, weil ihr das hier nicht gebacken kriegt!“ Natürlich hat das auch einen wahren Kern: Die Frage nämlich, ob ihr jetzt den Herausforderungen da draußen auch gewachsen seid? Wenn man sieht, wie der eine oder andere planlos durch Berlin irrt, Bootsabfahrten verpasst, grundsätzlich zu spät kommt, den Unterschied zwischen 11 Uhr und 1 Uhr Nachtruhe nicht kennt, wie auch hier in Oberurff meine Mathekurse innerhalb von drei Wochen von 30 bis auf Null Teilnehmer schrumpften, weil das Wetter so schön war… Na ja, ihr spürt selbst: da ist noch Potential.
Auszeichnungen und Segen
Aber immerhin habt ihr in den Abschlussprüfungen nachweislich erkannt, dass in Deutsch die erste Strophe eines Gedichts von Erich Kästner nicht im Plusquamperfekt verfasst wurde und dann richtig geraten, dass das Metrum der zweiten Strophe ein Anapäst, Daktylus, Jambus oder Trochäus war. Das lässt hoffen. Und wenn ich dann sehe, dass in Mathematik dann doch fast alle den Preis von fünf Kilogramm Orangen berechnen konnten, wenn drei Kilogramm 5,40 Euo kosten. dann bin ich doch fast schon etwas beruhigt. Aber im Ernst: Es werden große Herausforderungen auf euch zukommen.
Ansprache der Absolventen
Die Freiheit, die man jetzt hat, ist erst mal einfach nur toll. Aber keiner von euch ist jetzt im Dauerurlaub. Ausbildung, FOS, Oberstufe, FSJ,- egal, was ihr jetzt tut, das Lernen nimmt kein Ende und ihr werdet zunehmend Verantwortung übernehmen müssen und dürfen! Geht positiv und mit Freude darauf zu, denn ihr habt hier in Oberurff das Rüstzeug dafür bekommen. Das soziale Miteinander, Empathie und Respekt, Teamfähigkeit, Freundschaften und gemeinsame Erlebnisse – ihr habt vieles erlebt und gelebt, das euch in Zukunft hilfreich sein wird. Ihr hattet Menschen an eurer Seite, die euch getragen und oft auch ertragen haben und denen ihr auch einmal Danke sagen solltet: eure Eltern und Familien, eure Freunde und Betreuer, eure Lehrerinnen und Lehrer, ganz besonders Herrn Müller-Maguhn, der in den letzten Wochen ein Auge auf euch geworfen hat, dass ihr auch alle wirklich euer Ziel erreicht. Alle haben dazu beigetragen, dass ihr nun bald eure heiß ersehnten Zeugnisse in der Hand halten könnt.
Feierliche Verabschiedung
Euer Schulabschluss heißt „Mittlere Reife“. Das beinhaltet das Wort Reife und soll ausdrücken, dass ihr nun reif genug sein sollt, euer Leben selbst zu gestalten. Eure Generation wird andere Probleme bewältigen müssen als unsere, ihr werdet vor einer unglaublichen Fülle von Informationen stehen und unterscheiden müssen, was wahr und was falsch ist, welche Dinge wichtig und welche unwichtig sind. Ihr werdet erkennen müssen, dass schon lange nicht mehr alles, was geschrieben ist, auch der Wahrheit entspricht und dass wir mehr und mehr manipuliert werden und unsere Selbstbestimmung verlieren. Hütet euch vor Menschen, die einfache Lösungen anbieten, die die Welt in schwarz und weiß erklären. Die Welt ist nicht nur schwarz oder weiß. Es gibt viel grau dazwischen. Die Welt ist auch nicht einfach, das war sie nie und wird sie nie sein. In Berlin habt ihr in der Gedenkstätte des Deutschen Widerstands gesehen, mit wie viel Mut und Selbstaufopferung Menschen für ihre Freiheit gekämpft haben und im Stasigefängnis Hohenschönhausen erlebt, was Menschen anderen Menschen antun können.
„The Making-Of“ Gruppenfoto
Also, übernehmt Verantwortung, geht mutig voran und sucht den für euch richtigen Weg. Ihr werdet ihn finden. Ich gratuliere euch im Namen aller Kolleginnen und Kollegen zum bestandenen Realschulabschluss und wünsche euch für euren weiteren Lebensweg alles Gute und Gottes Segen. Und wenn alle Stricke reißen, findet ihr mich dann unter der Brücke am vierten Pfeiler links. Der mit den fünf Kilogramm Orangen für 126,80 Euro, das bin dann ich.
Vielen Dank und alles Gute!
Günter Koch
Noch während seiner Ansprache zeichnete Schulleiter Koch die beiden Jahrgangsbesten aus: Mona Breukel (1,1), Marvin Luckhardt (1,4). Der Christophoruspreis für besonderes soziales Engagement wurde im Verlauf der Feier an Christian Heide verliehen. Den aufheiternden musischen Rahmen der Verabschiedung der Absolventen der Realschule hatten Schüler der Klasse 7d übernommen: Phil Schaller (Klavier, Gesang) und Markus Langner (Rezitation).
Klasse 10c
Klassenlehrerin: Christiane Stelling
Tim Allendörfer (Haina-Löhlbach), Adrian Bässe (Borken-Haarhausen), Julia Elke Dorfschäfer (Frielendorf), Luca Eggers (Borken-Kleinenglis), Phil Luca Eitel (Bad Zwesten-Oberurff), Christoph Flach (Neuental-Bischhausen), Flora Regina Förster (Gudensberg), Marius Garthe (Frankenberg-Rodenbach), Christian Heide (Borken-Nassenerfurth), Charlotte Kurz (Borken), Timo Möller (Schwalmstadt-Treysa), Lucas Aaron Müller (Borken-Großenenglis), Nick Robin Parzich (Neuental), Chiara Seibt (Neuental-Bischhausen), Michael Ströhle (Borken-Kleinenglish), Daniel Thiel (Knüllwald-Oberbeisheim), Jonas Thor Trexler (Rauschenberg-Josbach), Elisabeth Trümner (Bad Zwesten), Florian Völker (Bad Hersfeld), Mike Winter (Borken-Kleinenglis), Nike-Leonie Zubaty (Langgöns-Lang-Göns)
Klasse 10d
Klassenlehrer: Kai Michel
Daniel Bosmann (Melsungen), Mona Breukel (Ronshausen), Alicia Anna Elisabeth Emrich (Weinheim), Nina Jasmin Hauf (Linden-Leihgestern), Dominik Held (Gilserberg-Sachsenhausen), Louis Huber (Neustadt-Momberg), Christopher Jordan (Kaufungen-Niederkaufungen), Paul Kaiser (Neustadt-Mengsberg), Leon Kaufmann (Jesberg), Marvin Luckhardt (Bad Wildungen-Braunau), Norman Pöltl (Marburg), Alina Katharina Riedinger (Wabern), Lara Schacke (Gilserberg-Schönau), Justin Schröder (Jesberg), Thorben Schrul (Frielendorf), Tom Steiger (Bad Wildungen-Hundsdorf), Stefan Wahl (Gilserberg-Sebbeterode), Tom Wolter (Willingshausen-Wasenberg)
(Teaser/Gestaltung: Andreas Bubrowski)
Kommentare