VON PAULA MARTONE UND VALENTINA GRILLO-ORDOÑEZ

Kolumbien – Fast jeder denkt an Negatives, wenn er Kolumbien hört. Doch das sind meistens Klischees, die wenig mit der Wirklichkeit zu tun haben. Wenn wir in der Schule erzählen, dass wir in den Ferien nach Kolumbien also „nach Hause“ fliegen, um Urlaub zu machen, fragen viele, ob das nicht gefährlich sei. Aber das einzige Risiko ist, dass du bleiben willst.

Paula und Valentina (v. r.), nordhessische Schülerinnen der Jahrgangsstufe 11 mit Wurzeln in Kolumbien.Bild: A. Bubrowski/CJD Oberurff
Paula und Valentina (v. r.), nordhessische Schülerinnen der Jahrgangsstufe 11 mit Wurzeln in Kolumbien.
Bild: A. Bubrowski/CJD Oberurff

Es ist wie überall in manchen Gegenden nicht sicher. Aber ansonsten braucht man keine Bedenken haben, wenn man mal Shoppen gehen oder sich am Strand sonnen möchte. Kolumbien ist seit 1886 eine präsidiale Republik. Der aktuelle Präsident ist Juan Santos Calderón. In Kolumbien herrscht seit Jahrzehnten ein Kampf zwischen dem Staat, der Guerilla (politisch links) und dem Paramilitär (rechts).

Das einzige Risiko ist, dass du bleiben willst

Paula Martone: Mein Vater ist Italiener und als junger Mann nach Deutschland gezogen. Meine Mama ist Kolumbianerin. Bei einem  Deutschland-Urlaub traf sie meinen Vater. Beide verliebten sich. Mama entschied sich zu bleiben. Und dann kam ich. Bild: A. Bubrowski/CJD Oberurff
Paula Martone: Mein Vater ist Italiener und als junger Mann nach Deutschland gezogen. Meine Mama ist Kolumbianerin. Bei einem Deutschland-Urlaub traf sie meinen Vater. Beide verliebten sich. Mama entschied sich zu bleiben. Und dann kam ich. Bild: A. Bubrowski/CJD Oberurff

Die FARC1 ist eine 1964 nach kubanischem Vorbild gegründete, marxistisch geprägte Guerillabewegung, die ursprünglich gegen die Unterdrückung der armen Landbevölkerung durch Großgrundbesitzer und den Einfluss der USA kämpfte. Inzwischen tritt die FARC vor allem als paramili­tärische Terrororganisation auf, die mit Entführungen und Bombenanschlägen den Staat unter Druck setzt und sich unter anderem durch Lösegelderpressungen und Drogenanbau finanziert. Sie sorgt für Terror und Gewalt in ganz Kolumbien und hält einen Großteil des Landes unter ihrer Kontrolle.

Paulas Cousine hat selbst Erfahrungen mit der FARC machen müssen. Als sie ungefähr in unserem Alter war, musste sie sich im Biologie­unterricht unter einem Tisch verstecken, weil die FARC die Gegend, in der sich ihre Schule befand, mit Bomben und Schüssen attackiert hatte. Valentinas Familie hat auch schlechte Erfahrungen gemacht. Ein Verwandter wurde entführt. Die FARC hat an seiner Haustür geklingelt und gesagt, sie wären von der Gemeinde. Als er die Haustür öffnete, drangen Bewaffnete in sein Haus und zwangen ihn mitzugehen. Ihm wurden die Augen verbunden, nach einer kurzen Autofahrt musste er stundenlang im Dschungel zu einem Versteck laufen. Die FARC verlangte Lösegeld von seiner Familie. Obwohl kein Lösegeld gezahlt wurde, ließ einer der Kämpfer ihn frei, vermutlich wegen moralischer Bedenken. Valentinas Verwandter hatte also Glück im Unglück und konnte davonlaufen.

Mein Tipp: Cartagena de Indias

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Die FARC hat mehrere politische und militärische Gegenspieler, vor allem paramilitärische Todesschwadronen, die sowohl Großgrundbesitzer, rechte politische Kräfte und Drogenkartelle unterhalten und den Sicherheitsapparat des Staates, vor allem die Armee, die jedoch in der Vergangen­heit oft mit den Paramilitärs gemeinsame Sache gemacht hat. FARC und Paramilitärs sind gleichermaßen terroristisch, verletzten die Menschenrechte und greifen die Bevölkerung an, die eigentlich nichts mit diesem Konflikt zu tun haben will.

Wir haben den besten Kaffee der Welt

Als Tourist braucht man sich allerdings dennoch keine Sorgen zu machen, so lange man sich in den Städten aufhält. Hier geht es zu wie in südwesteuropäischen Metropolen. Es gibt ein buntes kulturelles Leben, man kann herrlich shoppen und die Strände sind ein Traum. Hinzu kommt das typisch lateinamerikanische Temperament der Menschen, das in herzlicher Gastfreundschaft und ausgelassener Lebensfreude zum Ausdruck kommt. Der Bürgerkrieg findet gegenwärtig vor allem in den fünf Grenzgebieten (Brasilien, Ecuador, Panama,Venezuela) im Regenwald statt. Diese Regionen sollte man unbedingt meiden.

Kein Wunder also, dass trotz Konflikten Kolumbien ein beliebtes Urlaubsland ist. Es gibt vier Klima­zonen, es ist also nicht immer und überall warm und sonnig, was aber Kolumbien gerade so abwechslungsreich macht. Außerdem haben wir den besten Kaffee der Welt und sehr leckeres Essen. Wer nach Kolumbien fliegt, muss auf jeden Fall den Besuch in einem Juan Valdez Café einplanen!

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Reisetipps: Man muss einen gültigen Reisepass haben. Täglich Direktflüge mit Lufthansa ab Frankfurt nach Bogotá. Flugdauer 11 Stunden. Währung: Kolumbianische Pesos (1 Euro = 2.603,66 Pesos). Impfungen: keine Impfvorschriften, es wird aber empfohlen, sich gegen Gelbfieber impfen zu lassen.

Meine Geschichte

Von Ko-Autorin Valentina Grillo-Ordoñez

Valentina Grillo-Ordoñez. Bild: BUB/CJD Oberurff
Valentina Grillo-Ordoñez. Bild: BUB/CJD Oberurff

Als ich vier Jahre alt war, ist meine Mutter nach Deutschland gekommen, um eine Freundin zu besuchen und hier Urlaub zu machen. Durch ihre Freundin hat sie meinen Stiefvater kennengelernt. Sie haben sich verliebt und geheiratet. Nachdem sie hier in Deutschland übers Standesamt geheiratet hatten, wollten sie noch mal kirchlich in Kolumbien heiraten und nach dem auch das erledigt war, haben sie mich mit nach Deutschland genommen. Ich war inzwischen viereinhalb Jahre alt. In Nordhessen hat mich die Familie meines Stiefvater mit offenen Armen empfangen und mit ihnen hab ich dann Deutsch gelernt. Hier bin ich dann halt aufgewachsen. Ich hab natürlich noch Kontakt zu meiner Familie in Kolumbien und das mir auch sehr wichtig.

(Gestaltung: Andreas Bubrowski)

  1. FARC – eigentlich F.A.R.C.-E.P.; Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia – Ejército del Pueblo; deutsch: Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens – Volksarmee