TTIP: Debatte mit Europa-Abgeordneten Martin Häusling
Von Cara vom Hofe und Felix Friebe
Eine politische Lehrstunde fast wie im richtigen Leben organisierte der LK 13 PoWi mit Fachlehrer Manfred Schreiber für mehr als 100 politisch interessierte Schüler der Oberstufe. Thema war das geplante, jedoch heftig umstrittene Außenhandelsabkommen TTIP (englisch: Transatlantic Trade and Investment Partnership) zwischen den USA und der EU, als Gast begrüßte Schreiber den Europa-Abgeordneten Martin Häusling (Bündnis 90/Die Grünen).
19 Schüler pro, 84 dagegen, 12 Enthaltungen
Nach einer Einführung in das Thema TTIP (Ziel ist es, die Handelshemmnisse zwischen der EU und den USA abzubauen und dadurch wirtschaftliches Wachstum zu schaffen) wurde eine erste Umfrage durchgeführt, die eine Positionierung zur Fragestellung verlangte. Ergebnis: 19 Schüler votierten pro TTIP, 84 waren dagegen, 12 enthielten sich. Anschließend wurden in einer Podiumsdiskussion die Argumente der Befürworter und der Kontrahenten genannt und diskutiert. Auf der Pro-Seite standen die Anwälte Sander Grosemans und Lukas Dippel mit ihren Experten Steffen Schmidt und Philipp Raqué. Ihnen standen auf der Kontra-Seite Felix Hoffmann und Florian Diele mit ihrem Experten Martin Häusling gegenüber. Moderation und Leitung übernahm Laurenz Heppding. Es folgte eine interessante Auseinandersetzung zum Thema mit hitzigen Wortgefechten und aussagekräftigen Argumenten auf beiden Seiten.
So kritisierte Häusling ganz besonders die Geheimhaltung und die Unwiderruflichkeit des Freihandelsabkommens. Hierbei müssten die Politik und die Gesellschaft die Wirtschaft regulieren können, sodass das Abkommen nicht zu Gunsten der Global Player ausgelegt werden könne. Des Weiteren argumentierte die Kontraseite, dass die Zölle und die Handelshemmnisse schon gering genug seien, sodass dieses Abkommen kaum wirtschaftliches Wachstum generieren könne. Auf der anderen Seite warb vor allem Steffen Schmidt für die Chancen von TTIP bezüglich geringerer Preise, die durch den Abbau der Zölle und das Einsparen von nicht-tarifären Handelshemmnissen zu Stande kommen würden. Dies hätte wiederum zur Folge, dass es weniger Arbeitslosigkeit und größeren Wohlstand gäbe. Dazu führte der Experte an, dass allein die Automobilindustrie durch den Verzicht des Baus von roten Blinkern für den US-Markt etwa eine Milliarde Euro einsparen würde.
7 Schüler pro, 101 dagegen, 7 Enthaltungen
Am Ende hielten die beiden Anwälte Florian Diele und Sander Grosemans ihre Abschlussplädoyers. Dabei fordert Diele eine Abkehr von den Vorteilen für die Wirtschaft. Stattdessen sollte der Nutzen von TTIP für die Verbraucher in den Vordergrund gestellt werden. Auf der anderen Seite plädierte Grosemans für das Wahrnehmen der Chancen von TTIP. Schließlich sei der Handel „die Mutter des Wohlstandes“, argumentierte er. Zudem kritisierte er die einseitige Berichterstattung der Medien zu Gunsten der Kontraseite. Auf die Debatte bekamen die anwesenden Schüler die Möglichkeit, Fragen an den Europaabgeordneten zu stellen. Am Ende zeigte eine zweite Umfrage ein durch die Debatte verändertes Meinungsbild der Zuhörer. Bei nur noch sieben Enthaltungen sprachen sich jetzt sieben Personen für das Handelsabkommen aus, 101 nahmen die Kontraposition ein. Rund 12 Prozent der Schüler hatten sich folglich von den Kontraexperten überzeugen lassen.
Linksunten: TTIP: EU-Abgeordneter aus der Nachbarschaft im 3sat-Interview
(Gestaltung: Andreas Bubrowski)
Kommentare
TTIP – als Einbahnstraße
Sehr erfreulich, dass sich unsere angehenden Akademiker mehrheitlich nicht von fiktiven Heilsversprechungen von Großkonzernen blenden lassen und rezeptiv für Argumente des gesunden Menschenverstandes sind. Seltsam, wenn es um sozialstaatliche Regulierung geht, rufen die Protagonisten der Industrie nach dem Markt, der schon alles regeln würde. Wenn es aber um ihre Profitmaximierung geht soll plötzlich nicht der Markt die Dinge regulieren, sondern ein entdemokratisierendes Geheimabkommen unter Aufsicht eben dieser Konzerne. Das Argument mit den Blinkern ist gut. Wenn die mutmaßlich eingesparten Dollars sagen wir mal an deutsche Kinder, die unterhalb der Armutsgrenze leben müssen und Hilfsprojekte zur Selbsthilfe in der Dritten Welt gehen würden, würde ich auch gern wie beim Fahrrad die Hand beim Spurwechsel raushängen. Aber natürlich würden diese Milliarden vor allem den Anlegern als Dividende in die Taschen fließen – wie sonst üblich auch. Und nicht vergessen: TTIP ist nur eines von vielen teilweise noch kritischeren Abkommen, etwa TiSA und CETA.
Aktuell: TPP und TTIP: Banken-Deregulierung par excellence