Humane Papillomviren. Foto: George Chernilevsky
Humane Papillomviren. Foto: George Chernilevsky

Heute ist internationaler Tag der Pressefreiheit. Im westlichen Kulturkreis – also auch bei uns in Deutschland – wird Pressefreiheit als grundlegendes Menschenrecht verstanden. Wenn es in anderen Kulturkreisen, etwa in der Türkei, Russland oder China, zur Zensur oder Einschränkungen bei US-amerikanischen Online-Netzwerken wie Twitter oder Youtube kommt, bringen deutsche Regierungsvertreter gern öffentlich ihr Missfallen zum Ausdruck und ermahnen die entsprech­enden Regierungen. Man könnte also meinen, dass es bei uns uneingeschränkt ungehinderte Berichterstattung gibt. Die Praxis zeigt aber, dass es auch bei uns Ausnahmen geben kann. Etwa bei der HPV-Impfung zur Vorbeugung gegen Gebärmutterhalskrebs. Zwei Krankenkassen, die in Infobroschüren vor den Risiken der teuren Vorsorgeimpfung warnen, sehen sich einem drohenden Veröffentlichungsverbot gegenüber – gefordert von Ärzteverbänden.

Seit Jahren wird die HPV-Impfung kontrovers diskutiert

Kommt in einer neunten Klasse das Thema HPV-Impfung zur Sprache, nicken reflexartig viele Schülerinnen zur Bestätigung. In der zehnten Klasse nicken dann fast alle. Seit Jahren wird die HPV-Impfung kontrovers diskutiert. Dabei bekommen Schülerinnen selbst Zweifel, wenn sie sich die Zeit nehmen, zur Impfung umfassend zu recherchieren. Eltern, die sich eher an Veröffentlichungen orientieren, in denen die Nützlichkeit in Frage gestellt und vor Nebenwirkungen gewarnt wird, sind erstaunlicher Weise offenbar eher die Ausnahme. Es hat sogar den Eindruck, dass viele Eltern die Gegenargumente noch nicht einmal kennen.

Ärzteverbände haben sich nun bei der zuständigen Aufsichtsbehörde1 über die Techniker Krankenkasse (TK) und der Barmer-GEK beschwert und drängen auf Veröffentlichungsverbot von Informationsbroschüren über die gesundheitlichen Risiken der HPV-Impfung. Unter anderen auch deshalb, weil die Broschüren generell darauf hinweisen, dass der Schutz vor Gebärmutterhalskrebs „noch nicht abschließend beurteilt werden kann“.

Die Ärzteverbände werfen den Kassen vor, Versicherte allein aus Kostengründen (also wegen geldwerter Vorteile), vor der Impfung zu warnen. Das ist interessant, denn bisher waren es die Ärzteverbände – und im Zuge dessen die Pharmaindustrie – denen man gelegentlich vorwarf, aus den gleichen Gründen so sehr auf die teure Impfung zu bestehen2 und sie am liebsten zur Pflichtimpfung zu erklären. Die Krankenkasse soll also aus schnöden Kostengründen ihre Versicherten absichtlich falsch beraten? Starker Tobak. Zumal man dann auch das Nationales Netzwerk Frauen und Gesundheit mitbeschuldigt, das den Leitfaden gemeinsam mit TK und Barmer-GEK entwickelt hat.

Um zu beurteilen, ob eine der Verschwörungstheorien die richtige sein könnte, müsste man vielleicht den von den Ärzteverbänden ins Spiel gebrachten geldwerten Vorteil näher unter die Lupe nehmen, also prüfen, wer am Ende persönlich am meisten an der Impfung beziehungsweise Nicht-Impfung verdient… In jedem Fall lohnt es sich nicht nur für engagierte Eltern von Mädchen, die Infobroschüre zu besorgen3 solange sie nicht verboten wird. Immerhin, auf der Seite der Barmer-GEK ist bei Redaktionsschluss kein Hinweis mehr auf die Broschüre zu finden und beim Frauennetzwerk führt der offizielle Download-Link4 inzwischen zu einem Not Found. ANDREAS BUBROWSKI

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SPIEGEL ONLINE: HPV-Impfung: Ärzte wollen … Broschüren verbieten

Broschüre Früherkennung Gebärmutterhalskrebs/HPV-Impfung © TKK

  1. Bundesversicherungsamt
  2. Der Impfstoff kostete 2013 in Deutschland 156 Euro. Die aus drei Spritzen bestehende Grundimmunisierung kostete 2013 insgesamt 468 Euro. In anderen Ländern, etwa Australien, gibt es die Impfung übrigens deutlich günstiger, was der ehemalige Vorsitzende der Impfkommission Schmitt mit der süffisanten Bemerkung kommentierte, in Deutschland sei eben genug Geld vorhanden.
  3. Die TK-Broschüre liegt der Redaktion vor.
  4. www.nationales-netzwerk-frauengesundheit.de/downloads/hpvbroschuere.pdf