Von Klaus Pfeifer (Leiter Wohnbereich)

Klaus Pfeifer, Leiter
des Wohnbereichs

Liebe Gäste, liebe Eltern, liebe Schülerinnen und Schüler und im Besonderen, liebe Schülerinnen und Schüler des Wohnbereiches!

Nochmals herzlichen Glückwunsch zu Eurem erreichten Schulabschluss und denen, die die gymnasiale Oberstufe besuchen können, viel Erfolg in der Oberstufe.

Als die meisten von Euch vor 5 / 6 Jahren nach Oberurff gekommen sind, hat, wie wir sagen, ein neuer Lebensabschnitt in Oberurff begonnen, und heute macht Ihr wieder einen Schritt in einen neuen Lebensabschnitt. Oberurff ist zu Ende. Beruf, Schule oder was sonst immer auf dem Programm steht, es beginnt etwas Neues. Erlaubt den Rückblick.

Mit berechtigtem Stolz habt Ihr eine große Anforderung erfolgreich gemeistert und für unsere Schüler aus dem Wohnbereich ist dieser Tag noch in besonderem Maße bedeutungsvoll und sicher mit gemischten Gefühlen verbunden.

Geht es für Euch doch nicht nur darum, den Lebensabschnitt Schüler abzuschließen, sondern gleichzeitig Abschied zu nehmen von der Lebensgemeinschaft Jugenddorf, die Euch in den Jahren Eures Hierseins sicher geprägt und hoffentlich auch bereichert hat.

Bestimmt hat mancher auch mal eine bittere Pille schlucken müssen, wenn es um Verletzung der bestehenden Spielregeln ging oder um das Aushandeln längerer Ausgangszeiten, Wochenendregelungen, Trampen usw., aber das wisst Ihr ja selbst. Ihr habt mit dem Fokus Interne zurechtkommen müssen und mit dem Blick auf die externen Mitschüler war diese Art Sonderstatus sicherlich manchmal gut, aber auch manchmal schwer zu schlucken.

Ungeachtet aber aller Grenzen, die Ihr dabei erlebt habt, haben wir Euch versucht zu fördern und zu begleiten und Ihr habt auch in hohem Maße Euch selbst gefordert und damit erreicht, dass das Leben im Jugenddorf gelang.

Ihr habt zurechtkommen müssen mit den besonderen Regeln einer Gemeinschaft junger Menschen, mit Erwachsenen, Hausleitern, Jugendleitern, die sich mit Euch immer wieder mit diesem, doch manchmal lästigen Regelwerk auseinandersetzten. Aber, und das kann ich auch sagen, im Großen und Ganzen konnten wir uns immer darauf verlassen, dass Ihr die bestehenden Regelungen und Vereinbarungen eingehalten habt, ja manchmal gab es sogar Verbesserungsvorschläge, wie wir das Miteinander anders gestalten können und das ehrt Euch sehr.

Aber so aus Aufzeichnungen aus unseren vielen Hilfeplangesprächen, das heißt, Gesprächen mit Eltern, Mitarbeitern aus Legastheniezentrum und Schule, Mitarbeitern der Jugendämter, möchte ich Euch ein paar Gedanken aus persönlicher Sicht mitteilen, d. h., was Ihr als wichtig angesehen habt und was ich mir als sehr wichtig für das gemeinsame Leben aufgeschrieben habe.

Eure Worte und Aussagen:

Hier habe ich Freunde gefunden, die mir Anerkennung geben und die mich akzeptieren, wie ich bin. Freundschaft besteht aus Geben und Nehmen, besonders wenn man 24 Stunden zusammen ist.

Ich habe gelernt, mit anderen Internatsschülern auszukommen, mit denen ich sonst nicht unbedingt ein Wort gewechselt hätte. Ich habe mehr Akzeptanz und Toleranz gelernt.

Internat ist für mich ein natürliches Umfeld geworden, in dem die unterschiedlichsten Menschen zusammenkommen. Das sorgt für Reibereien und Konflikte – aber es schweißt die Leute auch zusammen.

Als Einzelkind habe ich erstmals gelernt, in einer Gemeinschaft zu leben.

Hier bin ich fleißig, ordentlich und kontaktfreudig geworden.

Oberurff war das Beste, was mit je passieren konnte und hat mein Leben komplett verändert.

Schule und Internatsgemeinschaft waren in Ordnung, aber in der Internatsgemeinschaft ist mir am Anfang manches sehr schwer gefallen. Hier gibt es viel Gutes, die Leute wissen es nur nicht.

Für mich hat immer das Positive überwogen, auch das Zusammenleben mit den Externen, ohne die ein Interner in der Gruppe manchmal einsam werden könnte.

Ich bin stolz, dass ich nicht aufgegeben habe.

Eine Zeit mit vielen „Hochs“ und „Tiefs“ – ähnlich wie eine Achterbahnfahrt.

Man wird mit den Problemen anderer konfrontiert und versucht ihnen zu helfen und sie zu unterstützen.

Man hat als Interner nicht so viele Freiheiten wie Gleichaltrige und muss dauernd fragen und um Erlaubnis bitten.

Man macht jede Menge neuer Erfahrungen – gute wie auch schlechte.

Im Umgang mit anderen Menschen habe ich Selbstbewusstsein entwickelt und mehr Selbstvertrauen gewonnen.

Nun möchte ich noch all jenen danken, die sich in besonderer Weise bei uns in der Mitverantwortung engagiert haben, sei es als Tutor oder als Mentor.

(Bild: CJD-Update)

Mit Eurer Unterstützung konnten wir die vielen Nichtigkeiten und kleinen Dinge im gemeinsamen Leben immer wieder zum Positiven verändern und verbessern und damit auch eine bessere Lebensqualität erreichen. Manche von Euch waren ausdauernd und aktiv über viele Jahre dabei, manche haben erst spät den Schlüssel zur Erhöhung der eigenen sozialen Kompetenz gefunden.

Euch allen aber nochmals herzlichen Dank für Euer Engagement in der Mitverantwortung. Nun wünsche ich Euch, dass es Euch gelingt, das Beste aus dem zu machen, was Ihr nun in der Tasche habt: einen Schulabschluss und hoffentlich eine gefestigte Persönlichkeit.

So sei es denn, jeder Tag hat 86.400 Sekunden zur Verfügung. Investiert in dieses Guthaben so, dass Ihr das meiste herausholt in Bezug auf Glück, Gesundheit und Erfolg. Denkt immer daran, die Zeit läuft, deshalb macht aus dem Heute immer das Beste!

Um den Wert eines Jahres zu verstehen, frag’ einen Schüler, der grade das Schuljahr nicht bestanden hat.
Um den Wert eines Monates zu verstehen, frag’ eine Mutter, deren Kind zu früh zur Welt kam.
Um den Wert einer Woche zu verstehen, frag’ den Herausgeber einer Wochenzeitung.
Um den Wert einer Stunde zu verstehen, frag’ Liebende, die aufeinander warten.
Um den Wert einer Minute zu verstehen, frag’ jemanden, der eben seinen Zug versäumt hat.
Um den Wert einer Sekunde zu verstehen, frag’ eine Person, die gerade einem Unfall entgangen ist.
Um den Wert einer Millisekunde zu verstehen, frag’ denjenigen, der die Silbermedaille bei der Olympiade gewonnen hat.

Schätze jeden Augenblick, den du hast. Und vergiss nicht, dass die Zeit auf niemanden wartet. Gestern ist Geschichte, Morgen ist ein Geheimnis. Das Heute ist ein Geschenk. Deshalb heißt es auf Englisch „present.“

Ich hoffe, dass Ihr uns verbunden bleibt und wünsche Euch, auch im Namen aller Mitarbeiter, von Herzen alles Gute und Gottes Segen auf Eurem weiteren Lebensweg.

(Klaus Pfeifer, Leiter des Wohnbereichs)