Enkelin und Oma auf Zeitreise
(Foto: privat)

In den Sommerferien war ich zusammen mit meiner Oma und Schwester in Polen. Die Reise war ein Geschenk von uns Enkeln an unsere Oma: Noch einmal ihre alte Heimat besuchen. Schauen, was sich alles geändert hat. Oder eher, was so geblieben ist.

Begonnen hat alles in Stettin (heute Szczecin). Hier hat sie in einem Krankenhaus ihre Ausbildung zur Hebamme gemacht, bis die Bedrohung durch den näher rückenden Krieg zu groß wurde …

Fassaden in Stettin

Ihr Vorgesetzter stellte ihr frei zu fliehen, was sie dann auch tat. Die Flucht ging zunächst nach Putlitz in Brandenburg, wo ihr Bruder und ein Teil seiner Familie heute noch wohnen.

Ein Teil Polens war damals noch deutsch. Dazu gehörte auch Pommern. Als die Rote Armee anrückte, flohen die meisten Deutschen und Polen besiedelten das aufgegebene Land.

Viele der neuen Bewohner waren selbst Vertriebene. Zumeist aus den von der Sowjetunion annektierten polnischen Ostgebieten. Die Polen sprechen heute oft Deutsch, wenn auch meistens gebrochen. Wir fragten zum Beispiel nach dem Weg. Die Antwort kam in perfektem Deutsch. Dabei wurden sogar Spezialworte wie „Straßenbahnendhaltestelle“ gebraucht. Ich wäre niemals auf die Idee gekommen, dass es solch ein Wort überhaupt gibt!

Stettin? Stettin!

Wir waren sehr verwundert, wie viel in Stettin schon wieder aufgebaut war. Doch leider schien dies vor allem für Stettin und generell Großstädte zu gelten.

Die kleineren Dörfer, die wir besuchten, wirkten hingegen sehr heruntergekommen. Man sah noch Einschusslöcher in den Häuserwänden. Überall Ruinen.

Omas Heimatort Lindow (Lubicz), den wir nach langem Suchen doch noch fanden, war teilweise schon wieder aufgebaut und der Gutshof, auf dem ihr Vater als Verwalter gearbeitet hatte, war nun auch wieder bewohnt, wahrscheinlich zum ersten Mal, seit ihre Familie ihn damals verlassen hatte.

„Veranda, die man leider
nicht mehr betreten kann…“

„Wir fanden sogar noch
den alten Herd…“

Die netten Besitzer führten uns sogar durch das Haus, welches innen zum Teil schon renoviert war, und wir fanden sogar noch den alten Herd, auf dem meine Oma früher gekocht hatte. Als ich um das Haus herumging, entdeckte ich eine alte, sehr heruntergekommene Veranda, die man aber leider nicht mehr betreten konnte.

Oma war froh, noch einmal hier gewesen zu sein. Wir waren froh, ihr den Gefallen getan zu haben. Und dankbar für die alten Geschichten, die wir zu hören bekamen.

Wir sind noch ein wenig mit dem Auto durch die alten Obstbaumalleen gefahren, von denen uns Oma so aufgeregt berichtet hatte. Denn wenn sie morgens die drei Kilometer zur Schule gelaufen ist, hat sie sich dort immer Äpfel und Birnen gepflückt. (Nira)

(Fotos: Maria Ordemann)

Linksunten:
Szczecin (Stettin) – offizielle Website
Stettin (Website für deutsche Urlauber)
Lubicz (Lindow)
Pommern (Wikipedia)

(Zum Seitenanfang)