Weimar 2006: Alter Ginkgo, blaue Blume und kleines Bett
Von Judith Hesse und Dana Canda (Jahrgangsstufe 13)
Schüler des Deutsch-Leistungskurses
Wundervoller Sonnenschein war der Begleiter unserer Stadtführung durch Weimar. Es begann am Brunnen des Marktplatzes, der auch heute noch als solcher genutzt wird. Dort betrachteten wir mit unserer sehr freundlichen Stadtführerin, Frau Petri, die Apotheke, die im 2.Weltkrieg zerbombt und später wieder nach originalem Muster aufgebaut wurde; das Elefanthotel, in dem damals Hitler vorzugsweise residierte, wenn er in Weimar war; den Weimarer Hof und das Wohnhaus eines bedeutenden Malers, welches aus der Renaissance stammt.
Judith Hesse
Hinter dem Marktplatz fanden wir einen weiteren kleineren Platz mit einem großen Denkmal: „Der Reiter“. Umschlossen wurde der Platz von der bekannten historischen Bibliothek Anna Amalia, die leider kürzlich teilweise abgebrannt ist, wobei viele historische Schriftstücke, u. a. von Goethe, verloren gegangen sind. Auf Grund von Aufbauarbeiten am Haus konnten wir es nur verdeckt sehen.
200 Jahre alter Ginkgo
Alter Ginkgo, unberührt von
Mülltonnen und Baulärm
Das Besondere an diesem Platz ist, dass er von vier Schlössern umgeben ist: das Herrenschloss, das grüne, gelbe und rote Schloss. Hinter dem Herrenschloss betrachteten wir begeistert und fasziniert den über 200 Jahre alten legendären Ginkgobaum, den Goethe selber pflanzte. Gegenüber dem Ginkgobaum, also hinter der Bibliothek, schloss der englisch angelegte Park an. Dort setzten wir uns auf eine riesige Steinbank und bekamen von der Stadtführerin jeweils ein Ginkgoblatt ihres eigenen Baumes geschenkt.
Das Blatt in der Hand haltend, trug sie das Gedicht von Goethe über die Ginkgopflanze vor. Danach schlenderten wir gemeinsam durch den Park, wobei manche verwirrten Schüler des Deutsch-Leistungskurses sich sicher waren, die „Blaue Blume“ entdeckt zu haben und dieser imaginären Vorstellung nach auf sie zurannten. Und das in der Ursprungsstadt der „Weimarer Klassik“. Gott sei Dank, dass Goethe das nicht mitbekam. Im Park machten wir an einigen Blickschneisen halt, die Goethe anlegte und von denen aus sich direkt das Gartenhäuschen Goethes erspähen ließ.
Liebesleid: Sturz vom Ober- in den Unterpark
Kommunikationssitz I
Nach einem schönem Spaziergang durch den Park kamen wir an einer Stelle an, an der sich einst eine junge Frau vom Oberpark in den Unterpark stürzte, da ihr Verlobter sie verließ. In ihrer Tasche fand man Goethes Buch „Die Leiden des jungen Werther“, das von dem gleichen Schicksal wie dem der jungen Frau handelt und mit Selbstmord endet.
Wegen ihres Todes machte Goethe sich selbst Vorwürfe und ließ den Oberpark mit dem Unterpark durch eine Stein- treppe, dem „Nadelöhr“, verbinden. Natürlich war diese Verbindung des Ober- und Unterparks ganz in Goethes Sinn, denn so verkürzte sich sein Weg zu seiner langjährigen Freundin Charlotte von Stein erheblich. Im Unterpark angelangt, war es nun nicht mehr weit zu Goethes Gartenhäuschen, wo er die ersten Jahre in Weimar lebte. Das Haus hat eine wunderschöne Lage und ist relativ groß. Daran angeschlossen ist ein schöner Garten. Beides steht jedoch in Vergleich zu Goethes späterem Haus und Garten.
Viele Bekanntschaften – dennoch ein kleines Bett
Kommunikationsitz II
Vorn stehend: Autorin Dana Canda
Im Gartenhäuschen wunderten wir uns über das kleine Bett Goethes. Angesichts seiner vielen „Bekannt- schaften“ hatten wir hier doch etwas mehr „Spielraum“ erwartet ;-).
Danach lud uns August der Große in seine Borkenhütte ein, die im Park stand. Trotz Weib und Kindern verbrachte er hier viele Abende. Sicherlich nicht allein. Nächster Anlaufpunkt war das Shakespeare-Denkmal im Park, das auf einem Plateau lag (wahrscheinlich kann Shakespeare nicht genug emporgehoben werden).
Diesen schönen Platz wählten wir schließlich, um am Abend Robert Löws Geburtstag bei kleinem Umtrunk zu feiern. Hinter dem Shakespeare-Denkmal hatte Goethe eine Mauer errichten und damit eine künstliche Ruine im Romantik-Stil schaffen lassen.
Hinter der Kunst-Ruine lag das im Zweiten Weltkrieg von alliierten Bomben zerstörte Templerhaus. Mehr Informationen können wir dazu leider nicht liefern, denn unsere Aufmerksamkeit wurde von drei Männern abgelenkt, die auf der nahen Wiese Tai-Chi-Übungen praktizierten, und Weimar einmal mehr von der schönsten Seite zeigten.
Klassik oder Romantik?
Unsere letzte Adresse war das Kulturdenkmal, das aus zwei großen Marmorstühlen bestand, die sich mit gewissem Abstand gegenüber standen. Diese beiden Stühle, die das Morgen- und Abendland darstellen, sollen zeigen, wie die Völker kommunizieren sollten: nicht mit Waffen, sondern verbal und mit Respekt, was durch den Abstand der Stühle zu erklären ist. Mit dieser Botschaft endete unsere Stadtführung durch Weimar und die „Weimarer Klassik“ – oder war es doch die „Romantik“?
Auf diesem Weg möchten wir uns nochmals recht herzlich bei unserer warmherzigen, kompetenten und engagierten Stadtführerin bedanken, der wir anmerken konnten, dass sie auch heute noch von Weimar fasziniert ist und diese Begeisterung auf uns übertragen konnte.
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