Schule auf Rädern
Von Aileen Zarnikau (Klasse Gy-9e)
Gerade das Internat gibt der Christophorusschule Oberurff einen Touch Weltoffenheit. Selbst SchülerInnen, die an eigentlich alltäglichen Orten, aber eben anderswo, zu Hause sind, können Interessantes berichten, was den „Campus-Eingeborenen,“ sonst entgehen würde. Beispielweise Aileen Zarnikau, freie Junior Online-Redakteurin.
Schulische Ganztagsbetreuung auf vier Rädern. Foto: Aileen Zarnikau,
Montage: CJD-Update
Wer sie über ihre Klamotten befragt, könnte nach kurzem Nachdenken etwa zu hören bekommen: Jacke aus Hamburg, Jeans aus Nürnberg, Schuhe aus Erfurt… Aileens Eltern betreiben ein Fahrgeschäft. Und da kommt man (und Tochter) viel herum in Deutschland. Aileen hat aber auch noch für Anderes einen Blick. Wie das nachfolgende Interview für CJD-Update mit einer besonderen Lehrerin zeigt, die eine Schule auf vier Rädern betreibt. Von Aileen auf dem Frühlingsfest in Erfurt entdeckt. (Redaktion)
Schule auf Rädern – über einen seltenen Lehrerjob
Barbara Kästner-Erlenkämtner im
Klassenzimmer auf vier Rädern.
Foto: Aileen Zarnikau
Der Schulwagen steht am Rande des Erfurter Domplatzes. Während sich abends mit zunehmender Dunkelheit das bunte Rummelplatz-Treiben geräuschvoll entfaltet und Duftschwaden von gebrannten Mandeln über das Gelände schweben, nimmt kaum jemand das frisch hölzerne zweiachsige Gefährt wahr. Doch am Tage, wenn der Platz menschenleer ist, kommen ein paar Kinder zu diesem Wagen. Der – wie sich herausstellt – ein Schulwagen ist und eine besondere Form von Ganztagsschule darstellt.
CJD-Update: Danke, dass Sie sich heute für uns Zeit genommen haben. Seit wann sind Sie Lehrerin für Schaustellerkinder?
Kästner-Erlenkämtner: Ich bin seit fünfeinhalb Jahren Lehrerin für Schausteller- und Zirkuskinder.
CJD-Update: Welches Alter haben die Kinder, die Sie unterrichten?
Kästner-Erlenkämtner: Ich helfe allen Kinder von der Vorschule bis zum Haupt- oder Realschulabschluss.
CJD-Update: Wie viele Stunden unterrichten Sie täglich?
Kästner-Erlenkämtner: Ich bin zweimal in der Woche von 13.00 Uhr bis 18.00 Uhr im Schulwagen. An den anderen beiden Tagen ist ein Kollege von mir vor Ort, da ich von zuhause Probleme mit den Stammschulen der Schausteller- und Zirkuskinder am Telefon klären muss.
CJD-Update: Wie viele Schüler sind in einer Klasse?
Kästner-Erlenkämtner: Die Kinder sind morgens ganz normal in den Schulen vor Ort. Nachmittags kommen sie dann zu uns in den Schulwagen und wir helfen ihnen bei den Hausaufgaben, Prüfungsvorbereitungen oder beim Erledigen der von der Stammschule mitgegebenen Aufgaben.
CJD-Update: Gibt es noch mehr „reisende Schulen?“
Kästner-Erlenkämtner: In Thüringen gibt es nur den einen Schulwagen. In den anderen Bundesländern gibt es aber ähnliche Projekte. Das könnte zum Beispiel so aussehen, dass es einen Reiselehrer gibt, der dann in einer Schule vor Ort ist und dort die Kinder betreut.
Aileen führte das Interview.
Bild: CJD-Update/A. Bubrowski
CJD-Update: Wer hat dieses Projekt ins Leben gerufen und wer trägt die Kosten?
Kästner-Erlenkämtner: Das Projekt Schulwagen wurde 1999 vom Thüringer
Kultusministerium in Verbindung mit dem deutschen Schaustellerverband ins Leben gerufen. Das Thüringer Kultusministerium unterstützt weiterhin das Projekt finanziell, in dem es die Lehrer und Schulmaterialien bezahlt. Die Aufgabe der Schausteller ist es, den Schulwagen auf die einzelnen Plätze zu transportieren. Sind mehr als fünf Kinder auf einem Platz, lohnt es sich, dass der Schulwagen bereit gestellt wird. Ansonsten fahren die Lehrer zu den Kindern und helfen ihnen dann im eigenen Wohnwagen.
CJD-Update: Wie lang möchten Sie noch als reisende Lehrerin arbeiten?
Kästner-Erlenkämtner: Ich bin gerade sehr glücklich mit meiner Aufgabe und hoffe, dass es so weiter geht. Weiterhin hoffe ich, dass wir bald zu Dritt arbeiten können, da eine Kollegin momentan in Mutterschutz ist.
Barbara Kästner-Erlenkämtner, 49 Jahre, wohnt in Kromsdorf bei Weimar. Ihr Dienstsitz ist ganz Thüringen. Je nachdem, wo ein Zirkus oder Schausteller gerade ein größeres Event veranstalten. Sie hat die Fächer Deutsch und Englisch studiert, hilft aber fächerübergreifend. Vor dem Projekt war sie an einer Gesamtschule tätig.
(Gestaltung: Andreas Bubrowski)
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