John1 kam das Kotzen. Obwohl seine Mutter seinem Drängen nachgegeben hatte, ihn Ich bin ein Star… holt mich hier raus! (kurz: Dschungelcamp) anschauen zu lassen, konnte er den hoch steigenden Ekel schließlich nicht mehr ertragen – er stellte freiwillig ab. John hat Glück. Was seine Mutter versäumte, richtete seine Seele selbst – sie schütze sich vor dem Betrachten von so viel Unmenschlichkeit, Niedertracht und Dummheit. Die tatsächliche Begebenheit wird beiläufig während eines Elterngesprächs erwähnt.

xl_insektAbstoßender Krankheitserreger – eine tote Stechfliege. Wer Insekten ohne Not lebend verspeist, gilt neuerdings als „Promi,“ selbst wenn er rechtskräftig verurteilter Straftäter ist. Bild: Andreas Bubrowski

Die Mutter erzählt etwas beschämt davon. Sie hätte, meint sie, das Angucken von Anfang an unterbinden sollen. Zumal sie selbst diese Sendung für sich ablehnt. Aber John wollte in der Schule mitreden, bettelte daher zunächst, die Folgen sehen zu dürfen. Jetzt ist die Mutter stolz auf ihren Sohn. Was aber ist mit denen, die sich die ganze Serie reingezogen haben?

Haben Eltern, Lehrer und Erzieher etwas falsch gemacht, dass Kinder einen TV-Trash sehen müssen, um unter ihresgleichen anerkannt zu werden, bei dem unter anderem eine fast 80-jährige Oma, die einst ihren Mann ermordet hat, zur „Favoritin“ gewählt wird, indem sie

… zwei lebendige Heuschrecken, eine große, lebendige Made und tote Skorpione am Spieß (verspeiste), einen Brei aus Fisch-Allerlei mit zwei Krokodilsaugen trank und einen Känguru-Hoden herunterwürgte. (SPIEGEL-ONLINE )?

Der Privatsender, der die Show zu verantworten hat, ist darüber erfreut. Denn beim Publikum von 14 bis 49 Jahren hat die RTL-Show eine Zuschauerquote von 38,2 Prozent erreicht. Das gilt als Erfolg. Wer so etwas schafft, wird anerkannt, gut bezahlt und gilt gewissermaßen als Vorbild. Und das ist auch gut so, denn das Dschungelcamp ist in Wirklichkeit gut für die Gesundheitsvorsorge!

Wenn das Immunsystem nicht mehr reagiert,
ist man krank, und zwar richtig

Gerade in Grippe-Zeiten weisen Gesundheitsratgeber immer wieder darauf hin, dass eine gelegentliche Infektion für den Organismus eigentlich von Vorteil ist. Das Immunsystem würde dadurch trainiert und ginge aus der Erkrankung gestärkt hervor. Wer dagegen ohne besondere Vorsorge stets OHNE Abwehrreaktionen bleibt, so warnend die Mediziner, solle nicht meinen, er sei kerngesund. Das Ausbleiben von Abwehrreaktionen auf Krankheitserreger könnte vielmehr ein Zeichen für ein erschöpftes Immunsystem sein. Der Organismus KANN dann gar nicht mehr reagieren, man ist dann nicht etwa gesund, sondern richtig krank. Dringend wird in dem Fall ein Arztbesuch empfohlen.

Die Reaktion von John, des Mittelstufenschülers, zeigt, dass Dschungelcamp eine willkommene Gelegenheit ist, die psychische Abwehrfähigkeit zu testen – bei sich und seinen Kindern. Wer wie John reagiert, ist gesund. Das „psychische Immunsystem“ ist intakt. Kein Grund zur Sorge. Stellt sich jedoch beim Verfolgen der Show keine erkennbare Abwehrreaktion ein, könnte das ein Indikator dafür sein, dass das innere Abwehrsystem der Psyche erschöpft, der Betroffene also möglicherweise krank ist. Gut also, dass es das Dschungelcamp gibt. Wo sonst könnte man so bequem und umsonst seine psychische Gesundheit testen?

Vorsorgen besser als Heilen

Allerdings weisen die eingangs zitierten Gesundheitsratgeber auch auf die GESUNDHEITSVORSORGE hin. Denn geht man einmal von einem gesunden Zustand des Organismus aus, wäre es töricht, eine Grippe, die ja unkalkulierbare gesundheitliche Folgen haben kann, zu Trainingszwecken wissentlich zu riskieren. Gemäß dem Grundsatz, Vorsorgen ist besser als Heilen, empfehlen die Ärzte deswegen die vorbeugende GRIPPESCHUTZIMPFUNG. Auch dieser Rat lässt sich auf das Dschungelcamp übertragen. Die Gesundheitsvorsorge, die Grippeimpfung, wäre hier: Nicht einschalten. (abu)

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