Abi 40.0 – Abiturienten des Jahrgangs 1969 holen den Bau eines Abidenkmals nach
Die gebeugte lesende Figur seitlich des Kunstpavillons erregt seit ein paar Tagen das Interesse vorbeieilender Schülermassen. Viele deuteten die eingravierte NEUNUNDSECHZIG zunächst falsch, nehmen an, es würde auf das 69. Abitur (!) in Oberurff hinweisen. Dann müssten die Jubilare also um die 90 sein. Doch weder war bei der Errichtung der Figur ein Rollator zu sehen, noch kam ESSEN AUF RÄDERN vorbei, um zittrige schwache Greise bei ihrem Bauvorhaben zu pflegen. Drei rüstige Herren sind es stattdessen, die der Skulptur auf die Sprünge helfen: Hans-Werner Götte (Jahrgang 1947), Helmut Schulte und Siegfried Trebing (beide Jahrgang 1949). Die NEUNUNDSECHZIG verweist also auf das JAHR 1969. Letzten Samstag wurde das Abidenkmal im Rahmen eines Klassentreffens feierlich eingeweiht.
Helmut Schulte beschreibt nachfolgend, wie alles anfing.
Skulptur zum 40sten Abi 1969
(gekürzt)
Eine Gruppe von etwa 15 Ehemaligen des Abiturjahrganges 1969 trifft sich seit der Schulzeit regelmäßig wieder … Da wir im gesamten alten Bundesgebiet verstreut leben, organisiert immer ein anderer in seiner Heimatregion entsprechende Höhepunkte. Die Auswahl für das Folgejahr wird immer im Vorjahr festgelegt. Letztes Jahr stand ein besonderes Jubiläum an, das 40-jährige Abitur. Das sollte – wie das 20-, 25- und 30-jährige wieder in Oberurff stattfinden. Adressen wurden gefunden: von 48 Schülerinnen und Schülern der beiden damaligen Klassen wurden bis auf vier alle ausfindig gemacht, drei von uns sind in der Zwischenzeit leider schon verstorben.
Während das Abidenkmal 69 errichtet wird, neigt sich das laufende Schuljahr 2008/2009 seinem Ende zu.
Pläne über den Programmablauf wurden entwickelt. Bei einem Treffen kam plötzlich die Idee auf, wir müssten uns endlich – bevor es zu spät ist – an der Stätte des damaligen Wirkens verewigen. Aber was würde sich zu diesem Anlass eignen? Und zu uns, wie wir damals waren? Dann stand plötzlich die Idee eines unserer Klassenkameraden im Raum, der bildhauerisch tätig ist und meinte, dass eine lebensgroße Darstellung eines Internatsschülers bei einer typischen Beschäftigung doch richtig schön sein könnte.
Dieser alten Schabracke wieder
Leben und Ansehen einhauchen
Schließlich stand der „Künstler“ vor der Aufgabe der Umsetzung. Eine Anregung kam in Form einer vor Jahren von einem Kursteilnehmer in der Bildhauerwerkstatt des bekannten Sauerländer Bildhauers Johannes Dröge in Stockum/Sundern abgelegten Betonskulptur, die nicht fertig geworden war. Dort jahrelang stiefmütterlich hin und her geschubst, sah sie nicht mehr aus, als könne man noch einmal einen Staat mit ihr machen. Doch unser Freund nahm die Herausforderung dennoch an und schaffte es, mit einigen Anleitungen seines Meisters Dröge dieser alten Schabracke wieder Leben und Ansehen einzuhauchen. Auf den Seiten des geöffneten Buchs lassen sich folgende Gedanken lesen, die von dem Künstler selber ausgedacht wurden:
Blicke lösen sich,
grenzenlose Zukunft,
Stunden, Tage, Jahre –
wie Schatten dahin,
das Heute vergeht,
das Gelebte bleibt.Abi 69 im Mai 2009
Die Skulptur stellt einen auf dem Schulhof sitzenden Schüler dar, der das Buch, in dem er gelesen hat, gerade in den Schoß sinken und den Blick versonnen in die Ferne schweifen lässt. Es soll der an der Schwelle zwischen Schule und weiterem Lebensweg befindliche Mensch sein, der seine Aufmerksamkeit vom Schulbuch löst und die Gedanken in seine Zukunft wandern lässt. Wir wissen heute im Rückblick, was daraus geworden ist, und blicken zurück in dankbarer Erinnerung – nicht für alles, aber für sehr vieles – auch für vieles in unserer Schul- und Internatszeit. Manches hat uns hier geprägt und neben schweren Stunden auch ein Teil des Rüstzeuges in die Hand gegeben, mit dem wir später unser Leben an vielen Stellen erfolgreich meistern konnten.
Schüler der 10e bestaunen die errichetete „69.“
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