Klassen-Exkursion: Twitter als Handy-Ersatz
Twitter-Vögelchen.
Dieses Mal ohne Handy – so lautet die strukturierte Ansage des Klassenlehrers. Zur anstehenden Exkursion der Klasse 7g1 nach Bad Salzungen soll es nicht wieder zugehen wie auf der Fahrt in die Schirn Kunsthalle Frankfurt letzten Dezember. Hatte man damals auf der Rückfahrt von vorn einen Blick in die Sitzreihen des Reisebusses geworfen, konnte man im Dämmerlicht 23 nach oben gehaltene Handys sehen. Darunter lümmelten 23 Schüler, völlig absorbiert mit dem gegenseitigen Verschicken von Blödelvideos, Familienfotos oder Tracks. Es gab faktisch keine direkte Kommunikation mehr. Das also soll nicht wieder vorkommen, zumal wir dieses Mal mit dem Zug fahren, also die Schule und uns selbst öffentlich präsentieren.
Flut von Aber-Argumenten
Reflexartig hatten die Schüler auf die Ankündigung des Handy-Banns eine Flut von Aber-Argumenten parat. Natürlich kann man nicht nur tumb etwas verbieten. Jeder sprichwörtlichen pädagogischen „Peitsche“ gehört ein ebenso sprichwörtliches „Zuckerbrot“ zur Seite gestellt. Twitter, damals in CJD-UPDATE gerade eingeführt, bot sich als praktischer und zugleich hyper Kompromiss an.
- Hotline für Notfälle (die fast nie auftreten)Eltern können in Notfällen ihre Kinder über das Festnetz in der Jugendherberge und über das Mobiltelefon des Lehrers erreichen. Und umgekehrt.
- StimmungsberichteDas permanente Verteilen von privaten Stimmungsberichten soll ebenso bewusst vermieden werden, wie die 23-fache minutiöse Bewegungsmeldung des nahenden Zuges am Tag der Heimfahrt. Das erzeugt Unruhe, lenkt ab und ist bei genauer Betrachtung völlig überflüssig.
Dank Twitter wird das Bedürfnis nach Kommunikation stattdessen als Gemeinschaftserlebnis praktiziert und stärkt dabei – sozusagen nebenbei – das soziale Gefüge der Klassengemeinschaft. Geplant ist mehrmals täglich einen Tweet auf twitter.com/CJD_UPDATE zu setzen. Eltern können direkt bei Twitter oder auf CJD-UPDATE2 verfolgen, wie es ihren Kindern geht. Wer von den Eltern selbst einen Twitter-Account besitzt, kann die Tweets „reposten“ oder kurz beantworten.
Klasse 7g, hier zum Europatag 2009. (*)
Aus dem privaten Abtauchen in Handy-Telefonate wird so ein sicher vergnügliches Gemeinschaftserlebnis. Und ebenfalls nebenbei wird Medienkompetenz der Schüler gestärkt. Denn bei den Tweets werden die Schüler lernen, das Medium so zu benutzen, dass keine Rückschlüsse auf die Beteiligten durch Dritte möglich sind.
Vorsorge
Sollte wider Erwarten ein Krankheitsfall auftreten, kann der natürlich nicht öffentlich mit einem Tweet verkündet werden. Doch für Ausnahmen ist vorgesorgt, mit dem Telefon in der Jugendherberge und dem stets verfügbaren Handy des Klassenlehrers.
Heute Abend werden wir wir die ersten Twitter-Vögelchen fliegen lassen.
(*) Text/Bild: Andreas Bubrowski
Kommentare
Tolle Idee! :I Könnte man öfter machen! Mal ein vernünftiger Ersatz für diese öde Handy-Kommunikation – und es kostet auch nichts!