Aus dem Leben einer naiven Abiturientin: Am Morgen … am Mittag danach
Ist der Titel Programm? So wie die Novelle Aus dem Leben eines Taugenichts von Joseph von Eichendorff? Zumindest gelegentlich sieht sich DIE ABITURIENTIN angesichts des nahenden Abiturs offenbar ähnlich wechselnden Gemütszuständen ausgesetzt wie der Protagonist bei Eichendorff.
Symbolbild: Leistungskurs Mathematik, Jahrgangsstufe 13, von Daniel Klingelhöfer. DIE ABITURIENTIN ist nicht dabei! (*)
So viel unterhaltsame Offenheit verdient angemessenen Zeugenschutz. Die Autorin verbleibt anonym, damit zukünftige Personalchefs nicht auf den falschen Gedanken kommen, die Bewerberin wäre seit frühester Jugend an unpünktlich und suchtgefährdet. (Online-Redaktion)
Am Morgen … am Mittag danach
(DIE ABITURIENTIN, Jahrgangsstufe 13)
Samstags, 12.30 Uhr. Mit einem verzweifelten Seufzer lass ich meinen Kopf wieder ins Kissen fallen. Das mit dem früh Nachhausegehen hat ja gestern mal wieder super geklappt. Mal wieder war die Stimmung zu gut, der Wille, die restliche Zeit mit seinen Freunden noch zu genießen, übermächtig und vielleicht auch der Alkohol ein falscher Berater. Voller Resignation gesteht man sich am Morgen – in meinem Falle am Mittag – danach ein, dass man vielleicht einfach nicht der Typ für „um 8 Uhr aufstehen, gemütlich frühstücken und dann konzentriert fürs Abi lernen“, ist.
Statt einer Kurvendiskussion führe ich dann eben doch lieber eine Diskussion über die gestrigen Ereignisse mit meiner Freundin am Telefon. Statt linearen Gleichungssystemen stelle ich Planungen für den nächsten Abend auf, immer begleitet von den mal leisen, mal lauten Hilferufen meines Gewissens.
Laut lachen muss ich, wenn ich mir überlege, dass ich schon seit Beginn des Winters vorhabe „morgen anzufangen zu lernen“. Große Worte, kleine Taten. Mein heutiger Wissenstand ist in Anbetracht des bedrohlich näher rückenden Abiturs jämmerlich unvollständig. Die Folge sind akute Panik- und Fressattacken und die leichte Tendenz zu nikotin- oder koffeinbezogenem Suchtverhalten. Der böse Riese Abitur hat also sogar auf faule Menschen wie mich eine erschreckende und ungesunde Wirkung.
So, jetzt fang ich aber wirklich an zu lernen – oder eben auch nicht.
Nächstes Mal: Von Freiheitsdrang und Zukunftsangst oder die erschreckende Leichtigkeit des Seins
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