Leben im Internat – von außen betrachtet
Ein kurzer Einblick von außen in das Leben von Internatsschülern
Vermutlich wollen alle Eltern nur das Beste für ihr Kind. Sie wollen für es da sein, es aufwachsen sehen, es fördern. Doch manchmal sieht die Realität anders aus, beispielsweise wenn das Kind Legastheniker ist. Dann braucht es besondere Förderung, die zu Hause nicht gewährleistet werden kann. Dies ist einer von vielen möglichen Gründen, weshalb Kinder im Internat leben.
Ortstermin für Mitarbeiter der Weblog-AG in einem Internatszimmer. (*)
Für diejenigen, die zu Hause leben, ist es nur schwer vorstellbar, fernab von der Familie zu sein und sie im besten Fall nur alle 14 Tage besuchen zu können. Wir Mitarbeiter der Weblog-AG hatten kürzlich die Gelegenheit, das dem CJD Oberurff angegliederte Internat zu besichtigen und mit den Internatsschülern über ihr Leben dort zu reden.
Die Atmosphäre erinnerte mich an
das Leben in einer Großfamilie
Haus Schmetterling.
Bild: Jonas Knupp/CJD-UPDATE
Ich hatte zugegebenermaßen eine vorgefertigte Meinung, suggeriert durch Jugendfilme in denen Internate meist kalt und unwohnlich rüberkommen. Bilder, wo Kinder brav bei Tisch sitzen und gehorsam sind, sind in meinem Kopf. Der gesamte Tagesablauf ist vorgeplant, Freizeit gibt es kaum. Doch der Eindruck bestätigte sich nicht. Das Haus Schmetterling etwa ist wohnlich und gemütlich. Die Atmosphäre scheint ruhig und locker. Einige Schüler freuten sich richtig über unseren Besuch und zeigten uns bereitwillig ihre „Gemächer“. Die Zimmer waren erstaunlich gemütlich und mit persönlichen Dingen eingerichtet.
Ein Schüler erzählte uns von dem Tagesablauf im Internat. Anfangs wäre es eine neue Erfahrung gewesen, mit Gleichaltrigen zusammen zu leben, doch später ist das sehr aufregend und macht auch Spaß. Es entsteht eine Gemeinschaft, bei der man sich an klare Regeln halten muss und lernt, auf Andere Rücksicht zu nehmen. Morgens wird man gegen sieben Uhr geweckt. Um 7.30 Uhr gibt es Frühstück, in Form eines Buffets. So kann sich jeder aussuchen, was er mag. Nach dem ganz normalen Schulalltag mit Schülern, die nicht im Internat sind, geht es nach dem Mittagessen zum entsprechenden Förderunterricht. Anschließend ist Freizeit angesagt. Man kann gemeinsam chillen, lernen, lesen oder auch das Internet nutzen. Später gibt es das gemeinsame Abendessen und danach kann man, je nach Alter und natürlich nach vorheriger Absprache, das Internat mal verlassen, um beispielsweise Freunde zu treffen.
Zweibettzimmer. Bild: Jonas Knupp/CJD-UPDATE
Die Atmosphäre erinnerte mich an das Leben in einer Großfamilie. Die Funktion der Eltern übernehmen hier eben vorübergehend die Betreuer des Internates, die Mitschüler den Part der Geschwister. Es gibt einen regelmäßigen Tagesablauf und die Schüler lernen, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. Mich hat dieser Besuch beeindruckt, vor allem wie selbstständig die Schüler sind. Letztendlich bin ich aber trotzdem froh darüber, zu Hause bei meiner Familie leben zu können. Anders als meine Mitschüler aus dem Internat muss ich weder das Bügeln erledigen oder Küchendienst absolvieren. Und nicht missen möchte ich, wenn einem etwas hinterher geräumt wird oder man vor der Schule gefragt wird, „Hast du auch alles?“ Dieses oft unselbstständige Verhalten haben die Kinder aus dem Internat sicher nicht, denn sie lernen für sich selbst verantwortlich zu sein. Alles im Leben hat eben Vor- und Nachteile… KATHARINA WOLLMERT
(*) Bild/Gestaltung: Andreas Bubrowski
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