Weimar – immer wieder sehenswert
Von Eike Willius-Herbold (Deutschlehrerin)
Mittwochmorgen, Abfahrtstag für den Jahrgang 13 in Richtung Weimar, wo man mit dem jeweiligen Deutschkurs (Kurz, Feuser, Falkenrodt, Willius-Herbold) auf den Spuren Goethes und Schillers wandelte, aber natürlich auch ein abendliches Entspannungsprogramm wahrnahm.
Weimar 1963. Blick zur Stadtkirche St. Peter & Paul (Herderkirche) und Jakobskirche. Foto: Peter, Richard sen./Deutsche Fotothek
Drei Tage, die mit Besichtigungen, Rundgängen und vielerlei Informationen gefüllt waren, denn sowohl das Goethe Nationalmuseum sowie das Goethewohnhaus am Frauenplan als auch das Schillerhaus, das Wittumspalais, Domizil von Anna Amalia, und deren berühmte Bibliothek waren Ziel der Exkursion.
„Warum hat Goethes Weimar
Buchenwald nicht verhindert?“
Obwohl Dauerregen vor allem bei den jeweiligen Stadtführungen der Kurse zu unterschiedlichen Resultaten führten, da eine Stadtführerin sich absolut dem Regen nicht aussetzen wollte, während eine andere mit viel Enthusiasmus ihre Führung um eine halbe Stunde verlängerte, hatte man doch Spaß und freute sich zum Abschluss um so mehr auf einen heißen Kaffee oder eine Schokolade. Leider gab es den erhofften Glühwein nicht, denn der Weihnachtsmarkt wurde zwar aufgebaut, öffnete aber erst am Samstag und zu dem Zeitpunkt war die Reisegruppe bereits in den heimatlichen Gefilden.
[mygp_map]Auf dem Rückweg stand die KZ-Gedenkstätte Buchenwald, acht Kilometer von Weimar entfernt, auf dem Programm. Aus dem Regen war Schnee geworden und die frierenden Schüler bekamen eine Ahnung, was die Häftlinge auszuhalten hatten. Ein Film und eine Führung verdeutlichten das unvorstellbare Nebeneinander von Kultur sowie Gewalt, wobei sich immer wieder die Frage stellt: Warum hat Goethes Weimar Buchenwald nicht verhindert. Abschließend kann man feststellen (aus Sicht der Lehrer und hoffentlich auch der Schüler), dass es eine gelungene und informative Fahrt war.
(Gestaltung: BUB)
Kommentare
„Warum hat Goethes Weimar Buchenwald nicht verhindert?“
Ein Grund: Goethe hatte mit Weimar eigentlich nichts direkt am Hut. Weimar war lediglich Kulisse. Er war VOR ALLEM DESHALB dort, weil der herrschende Regent sehr kulturbeflissen war und mit seinem Sponsoring an seinem Hof eine die Künste fördernde Athmosphäre erschaffen hatte. Historische Quellen belegen, dass die „normalen“ Weimarer dem „Treiben“ am Fürstenhof zähneknirschende Ablehnung entgegenbrachten. Einmal schlicht aus Neid. Aber auch deswegen, weil der ganze Prunk und Luxus von Abgaben bezahlt wurde, die das kleine Fürstentum von seinen ärmlichen Untertanen über Steuern eintrieb – was nicht unerheblich gewesen sein musste.
Die Mentalität aus kleinbürgerlicher Spießigkeit gepaart mit dienstwilligem Duckmäusertum – die manche noch heute bei Weimarer EINHEIMISCHEN festzustellen meinen – hat denn die Diktaturen des 20. Jh. ermöglicht und letztlich mitgetragen, in Weimar und anderswo.
Goethe hatte mit diesen Leuten schon zu seiner Zeit eigentlich nichts zu tun. Und umgekehrt. Und als nach 1989 in Weimar mit den „blühenden Landschaften“ im Osten ernst gemacht wurde, indem man u. a. die historische Innenstadt mit sündhaft teuren HANDVERLESENEN (!) Kopfsteinen zupflasterte, was bei den Leuten berechtigtes Kopfschütteln auslöste und noch heute Stöckelschuhträger(innen) peinigt, wurde eventuell wieder nur etwas oktroyiert – wie zu Goethes Zeiten.
Letztlich ist WEIMAR im Sinne von Goethe als Geisteshaltung zu sehen. Und die ist von Raum (Ort) und Zeit (Epoche) unabhängig. Und auch von unseren Missetaten. BUB