Kermit von der SESAMSTRASSE (links) und Michelle Obama im Prager Kinderentwicklungszentrum in New York. Foto: Joyce N. Boghosian
Kermit von der SESAMSTRASSE (links) und Michelle Obama im Prager Kinderentwicklungszentrum in New York. Foto: Joyce N. Boghosian

AKUSTIK ist ein Schwerpunkt im Fach Physik der gymnasialen Jahrgangsstufe 9. Schöner Zufall, dass man als Physiklehrer zu später Stunde über eine arte-Dokumentation in HD stolpert, in der es um das Unglaubliche geht, dass mit Tönen und der Musik der Sesamstraße gefoltert wird. Zum Glück gibt es die Dokumentation auch auf Youtube. Damit ist es mög­lich im Rahmen des Physikunterrichtes der Suche von Christopher Cerf, Komponist von über 200 Liedern der beliebten Kindersendung Sesam­straße, nach den Hintergründen des Missbrauchs SEINER Musik als Foltermethode zu folgen. Eine Schülerin1 gibt dazu nachfolgend ihre Eindrücke wieder.

arte-Doku: Musik als Waffe

Dienstag, 15.01.2013, 23.05 Uhr, 52 Minuten

Der Krieg und die Musik sind schon seit hunderten von Jahren verbunden. Kampflieder zur Aufmunterung spielen dabei auch eine große Rolle. Die Ersten, die Musik allerdings als Folter nutzen, waren die Chinesen und Koreaner. In Guantánamo (Kuba) und anderen Geheimgefängnissen der CIA wird die Musik als Folter missbraucht. Moazzam Beck, britischer Staatsbürger, wurde als angeblicher Terrorist in Pakistan verhaftet und ebenfalls dieser Foltermethode ausgesetzt. Während seiner Haft wurde er über 300 Mal befragt und gefoltert. Nach einigen Jahren wurde er ohne eine Entschuldigung entlassen. Er sagt, dass die Musik nicht lange als Musik erscheine, sondern sich schnell zu nicht aufhörendem qualvollem Lärm entwickle.

Moazzam Beck, Musikfolteropfer.
Foto: © Tristan Chytroschek/a & o buero

Ein weiterer Zeuge dieser Folter ist ein junger Soldat aus Chicago. Chris Arendt ging mit 18 Jahren nach Guantánamo und sah zu, wie Häftlinge bis zu zwölf Stunden lang ohne Unterbrechung immer der gleichen lauten Musik ausgesetzt wurden. Etwa gleichzeitig (!) mit Metallica und Johnny Cash. Nach neun Monaten hielt er das nicht mehr aus und quittierte seinen Dienst in des US-Army. Fortan kritisierte er öffentlich diese Folter und bekam Schuldgefühle für seine Mittun.

Verbindliche Richtlinien
zur Folter mit Klängen

Foltern mit Musik geht so: Den Häftlingen werden die Augen verbunden oder eine Maske übergestülpt. Angeschnürt in unbequemen Positionen werden sie in einen Raum gebracht, in dem sie lauter Musik ausgesetzt werden. Der ehemalige Verhörspezialist der CIA, Mike Ritz, spricht dabei von einer zielgerichteten psychischen „Isolierung“. Es existieren sogar verbindliche „Richtlinien zur Folter (mit Klängen) bei der CIA“. Sozusagen ein Handbuch, wie man Menschen quält und sie zum Reden bringt. Nach langen Protesten wurden diese Richtlinien veröffentlicht. Allerdings sind die meisten Seiten davon geschwärzt. Die Begründung dafür lautet: „[…] aus Gründen nationaler Sicherheit […]“. Darin ist unter anderem ein Absatz über die Folterung mit Musik und Lärm zu lesen. Genaue Angaben, wie lang eine bestimmte Anzahl von Dezibel abgespielt werden darf. (85 dB für 18 Stunden, 90 dB für 8 Stunden, 95 dB für 4 Stunden, 100 dB für 2 Stunden.) Ab 85 dB kann ein Mensch einen Hörschaden erleiden.

Musik als Waffe

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Regie: Tristan Chytroschek, Produzent: a & o buero, © arte

Musikwissenschaftler in Montreal haben herausgefunden, dass dissonante Klänge einen Teil unseres Gehirns aktivieren, das negative Gefühle erzeugt. Unser Körper nimmt dissonante Töne als eine Art akustischer Reibung wahr. Diese Musik kann „identitätsraubend“ sein. Sie treibt die Menschen in den Wahnsinn. Bei besonders lauter Musik dieser Art führt es dazu, dass der Mensch, der dieser Situation ausgesetzt ist, verwirrt wird. Er leidet an Hoffnungs- und Hilflosigkeit, denn meist kennen die Häftlinge in den Lagern die Musik nicht. Genau dies wollen die Soldaten mit der Musikfolter erreichen. Die Musik ist eine Qual und sobald ein Häftling verzweifelt ist und nicht mehr weiter weiß, wird die Musik ausgemacht und durch diese Erlösung werden die Gefangenen „gesprächig“, sie klagen ihr Leid. Meist gestehen sie genau dann auch ihre Taten oder Taten, die die Verhörenden hören möchten. Hauptsache, der qualvolle Lärm hört auf.

Lieder zur Stärkung des Kampfwillens

„Metallica“, „Marilyn Manson“ und „Drowning Pool“. Diese Bands haben offenbar nichts dagegen, dass ihre Lieder zum Foltern oder bei Soldaten im Krieg, um ihren Kampfwillen zu stärken, verwendet werden. Die Band „Drowning Pool“ macht sogar Witze darüber. Auch die Band „Metallica“ sagt, sie sei stolz, dass ihre Lieder dafür ausgewählt wurden. Aber nicht nur schneller Metal und Rock wird eingesetzt, um Menschen zu foltern, sondern auch die sanften Lieder von Christopher Cerf (elektronisch verzerrt und extrem laut), dem Komponisten der Sesamstraße. Auch David Grays „Babylon“ wurde zum Zwecke der Folter missbraucht. Er ist einer der wenigen Musiker, welche dies grauenhaft finden.

Seit Neuestem befindet sich ein neuer Lautsprecher auf dem Markt, der auf riesige Entfernungen klare Töne wiedergeben kann, der Trommelfelle zum Platzen bringt. Armeen aller Länder sollen sehr an dieser Neuheit interessiert sein, denn schon im Vietnamkrieg wurden Lautsprecher auf den Rücken der Soldaten geschnürt und klagende Geräusche abgespielt, um die Feinde zu verwirren und zu erschrecken. Diese Lautsprechersysteme erzeugen hohe Töne, die Menschen zur Reizüberflutung führt. Wir schrecken also zurück und ergreifen die Flucht. Auch bei verschiedenen Demonstrationen, bei denen Demonstranten nicht zurückweichen wollten, wurden solche Systeme eingesetzt. Müssen also bald keine Menschen mehr im Krieg sterben? Kommt stattdessen Akustik-Artillerie zum Einsatz?

Musik gehört bei den meisten Menschen zum Alltag. Auf dem Weg zur Arbeit oder Schule, zu Hause oder auf Feiern hören wir Musik verschie­den­ster Arten, Pop, Rock, Metal oder Klassik. Doch können wir diese Musik ausschalten und bestimmen, wann und wie laut wir sie hören. Wird sie allerdings als Folter missbraucht, bestimmt man nicht selbst die Lautstärke oder das Genre. Die Musik wird dabei zu Lärm, der Schlafentzug, Stress und psychische Störungen hervorrufen kann. Man wird willenlos. Musik wird dabei zu einem Monster. ANONYMUS

Verantwortlich/Teaser/Gestaltung: Andreas Bubrowski

  1. Die Verfasserin verbleibt sicherheitshalber anonym.