Farbstoffe in Kleidung: Schick, aber ätzend?
VON LILLY WIEGAND
Im Physikunterricht1 behandeln wir zurzeit das Thema Farben und als Praxisbezug Farbstoffe. Um herauszufinden, in welchem Umfang wir jeden Tag Farbstoffen ausgesetzt sind, haben wir auch einen Blick auf die Farbstoffe in Kleidung geworfen. Viele Menschen machen sich Gedanken darüber, welche Kleidung sie tragen und welche Marken angesagt sind. Aber woher kommen diese ganzen Kleidungsstücke, die in Massen in den Läden und im Internet verkauft werden?
Oft ist die Produktion mit unfairem Handel und schlechten Arbeitsbedingungen verbunden. Besonders das Färben der Textilien ist sehr schädlich für die Menschen, wenn dabei ätzende Farbstoffen eingesetzt werden. Auch für die Umwelt und natürlich für uns „Träger“ sind die Farbstoffe in den Kleidungen schädlich. Was schick aussieht, ist oft von ätzender Wirkung auf der Haut.
Allergien, Verätzungen, Chlorakne
Das Färben ist ein uraltes Handwerk. Früher musste man die Farben aus natürlichen Stoffen gewinnen wie zum Beispiel Purpurschnecken, Hölzern, Früchten oder anderen Mineralien. Man konnte mit diesen Materialien keine intensiven Farben erzeugen, wie es mit den heutigen Techniken möglich ist. Zudem war diese Arbeit aufwendig und teuer. Man benötigte 10.000 Purpurschnecken für 100 Gramm Baumwolle, die man vorher aus dem Meer sammeln, kochen und zerkleinern musste. Erst seit dem 19. Jahrhundert werden Textilien in Fabriken gefärbt, da man mit den dort hergestellten chemischen Farbstoffen billiger und schneller färben kann.
Dabei werden nicht nur Chemikalien zum Färben, Bedrucken oder Bleichen verwendet, sondern auch, damit die Kleidung nicht so schnell verfilzt, bügelfrei und schmutzabweisend ist. Die meisten dieser synthetischen Stoffe sind in Deutschland bereits verboten oder eingeschränkt. Allerdings werden die Azofarbstoffe, PCP und Formaldehyd in den asiatischen Ländern weiterhin zum Bearbeiten der Kleidung verwendet, da sie billig sind und intensiv färben. Kommen sie aber mit der Haut in Berührung oder werden sie eingeatmet, kann das krebserregend und erbgutverändernd wirken. Es können Allergien entstehen oder Verätzungen wie Chlorakne.
Insektizide sowie Pestizide können in der Baumwolle enthalten sein, da die Kleinbauern sie beim Anbau damit behandeln. Die Arbeitsbedingungen der Arbeiter sind dabei meist mangelhaft. Sie tragen keine Schutzkleidung, so dass es schon fast zur Tagesordnung gehört, dass die Menschen an den Chemikalien erkranken oder sterben, da sie mit den Chemikalien in Berührung kommen oder sie durch das Trinkwasser zu sich nehmen. Wenn auf dem Etikett eines T-Shirts stehen müsste, woraus es besteht, wie bei Lebensmitteln, dann müsste man einen Extrazettel hinzulegen, denn unsere Kleidung besteht nicht nur aus der Baumwolle oder Polyester, sondern auch aus vielen hundert Chemikalien.
16.000 kommerzielle Farben,
davon sind nur 16 unbedenklich
Laut Braungart gibt es 16.000 kommerzielle Farben, von denen nur 16 unbedenklich sind. Greenpeace berichtet, dass 45 Prozent der Farbstoffe sowie ein Viertel aller weltweit produzierten Chemikalien der Bekleidungsbranche aus China stammen. Was kann der Verbraucher gegen die Chemikalien, den unfairen Handel und die schlechten Arbeitsbedingungen unternehmen? Der erste Schritt ist auf jeden Fall, sich vor dem Kauf eines Kleidungsstücks zu informieren, woher es stammt und wie es hergestellt wurde, denn teuer ist nicht gleich nachhaltig produziert. Außerdem mindert man das Produzieren neuer Ware, indem man Textilien aus Secondhand-Läden oder gebraucht kauft. Erwirbt man Textilien aus einem Laden, sollte man diese vor dem ersten Tragen auf jeden Fall waschen, um einige synthetische Stoffe zu entfernen.
Viele große Firmen wie Jack Wolfskin achten bereits auf die Unterstützung des fairen Handels. Weitere Organisationen sind GOTS, Naturtextil Best, Fairtrade und Leela Cotton. Laut der Süddeutschen Zeitung achten auch H&M, C&A und Nike darauf, dass ihre Textilien aus Biobaumwolle bestehen. Diese Angaben ermittelte die Non-Profit-Organisation Textile Exchange, denn vor vier Jahren war H&M nicht mal unter den Top Ten der Biobaumwoll-Abnehmer. Erfreuliche Nachrichten brachten die Medien in den vergangenen Wochen. Da die Nachfrage der nachhaltig produzierten Ware steigt, wechseln Designer und Firmen wie Hess Natur, Elementum, Format, Battenberg-Cartwright, Luxaa und Anne Gorke zur nachhaltig entworfenen Mode. Diese sagen aber selbst, dass es sehr schwer ist, nachhaltig zu produzieren.
Die 30-jährige Designerin Anne Gorke achtet darauf, dass ihre Kleidung praktisch ist und trotzdem gut aussieht.
„Ich nähe auch nirgendwo drei Ärmel an, damit es nur originell aussieht. Meine Teile sollen schön sein, aber auch praktisch.“,
sagt die Designerin. Heute ist es sogar kein Problem mehr, Biokleidung herzustellen, die knallige Farben haben. So kommt es, dass die Trendteile im Frühjahr nachhaltig produziert wurden.
„Ich würde mich freuen, wenn der Begriff Ökomode endlich ad acta gelegt wird. Wenn es normal ist, nachhaltig zu produzieren.“,
sagt Anne Gorke, die im Januar auf der Berliner Fashion Week 2013 ihre Ökokollektion vorgestellt und damit bewiesen hat, dass schicke Farben NICHT auch ätzend sein müssen.
Aus dem Archiv von CJD-UPDATE zum Thema:
Schwarze BHs: Vorsicht, giftige Körbchen!
(Gestaltung: BUB)
- gymnasiale Jahrgangsstufe neun ↩
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