Ohne Strom nix los? Keineswegs, es wird nur alles anders
Theateraufführung BLACKOUT AUF ALLEN EBENEN der Theater AG
Nein! Um neurotische Reaktionen von Teenagern, die wegen eines längeren Stromausfalles auf ihre geliebten Smartphones verzichten müssen, ging es bei BLACKOUT AUF ALLEN EBENEN, einer Produktion der Theater AG von Ira Sala, nicht. Obgleich das aus einer Improvisation heraus entstandene Stück eigentlich ja für Schüler gedacht ist, also den sogenannten Digital Natives.
Vielleicht hatte der eine oder andere Besucher der vorerst letzten Aufführung des Stückes insgeheim das Klischee vom handysüchtigen Jugendlichen erwartet. Immerhin waren unter den Besuchern einige Lehrer, die ja eher als Digital Foreigners gelten. Nein, es ging darum, dass ohne Strom keineswegs nichts mehr geht. Alles wird nur anders.
Not macht erfinderisch
Erst vor wenigen Tagen durchlebten die Einwohner der mittelhessischen Stadt Bad Nauheim einen 24-stündigen Stromausfall, also einen echten BLACKOUT AUF ALLEN EBENEN. Die Schäden gehen in die Millionen. Eine Tageszeitung titelte einen Bericht dazu: Stromausfall, Not macht erfinderisch. Stimmt. Genau so ergeht es den Bewohnern eines fiktiven Mietshauses im Stück. Zum Beispiel wird im festsitzenden Fahrstuhl ein auf großem Fuß lebender Mieter von seinem Vermieter mit dessen Mietrückständen konfrontiert. Ein Psychotherapeut verzweifelt in seiner Praxis am Irrsinn seiner Patienten. In einer Mietwohnung bricht Kannibalismus aus, während nebenan ein Kind geboren wird… Auf die Lebenswirklichkeit der jungen Schauspieler bezogen also ebenfalls alles rein fiktive Umstände1.
Ein BLACKOUT AUF ALLEN EBENEN wirft den Menschen auf sich selbst zurück. Hört sich tragisch an, war aber zumindest im Stück vor allem urkomisch. Dass sich das Spiel mit einem ernsten Thema so gar nicht nach bemühtem „Schultheater“ anfühlte, sondern als subtile künstlerische Reflexion überzeugte und zudem höchst unterhaltsam war, ist wohl drei Dingen geschuldet: (1) dem Talent und Enthusiasmus der mitwirkenden Schüler, (2) der kompetenten Leitung durch Ira Sala und (3) dem knochenharten Arbeiten der Theater AG über Monate hinweg. (BUB)
- Zwei Personentypen nur besitzen auf den ersten Blick einen Bezug zur Realität: Hausmeister und Beamte. Der Hausmeister ist aber dermaßen konsequent faul und tyrannisch, dass er zweifelsfrei keine Anspielung auf das Hausmeister-Team der Schule sein kann. Und die bissige Lästerei ausgerechnet des Hausmeisters über noch faulere Beamte, ist so offensichtlich stammtischhaft, dass sie sich unmöglich auf den verbeamteten Teil der Lehrerschaft beziehen kann. ↩
Kommentare
Einfach genial
Dem lustigen Hausmeister und seinem „Gehilfen“ nicht nur Inhalt, sondern gleich die Funktion des Szenenumbaus zu geben – sehr kluge Idee! Die Akteure im Hintergrund, die nach „Einfrieren“ des Bildes die Gedanken der Protagonisten spielen – klasse umgesetzt. „Das Leben der Anderen“ ist für viele ein spannendes Thema, nicht nur für unseren Herrn Schnapp (mit doppel p), sonst wären ja Fernsehproduktionen von RTL2, wie sie uns Mandy und Jochen gestern vorgelebt haben, nicht so erfolgreich. Das Radiomoderatoren von heute nicht nur gut reden, sondern im Zeitalter des „Neulandlands“ namens Internet auch eitel sind, weil sie sich nicht mehr anonym hinter ihrem Mikrofon verstecken können, ist gestern nur zu deutlich geworden – übrigens wurde der ungeplante Zwischenruf aus dem Publikum sehr gut überspielt (immer diese Groupies ). Zu hohe Mieten in Deutschland, tyrannische Vermieter, am Ende ist es doch schön zu sehen, wie die alte Dame mit all ihrer Ruhe und Gelassenheit, die Probleme des „Alltags“ gelöst bzw. aufgeteilt bekommt
Auf die Frage, ob mir das Stück gefallen hat und ob ich mich schon auf das nächste freue, antworte ich sehr gerne in den Worten des redegewandten Fahrstuhltechnikers: „°°°JA“
Viele Grüße und nochmal vielen Dank für den tollen Abend.
PS: Ganz tolle Bilder Herr Bubrowski!!!
Danke! Was natürlich nur wegen der ganz tollen Inszenierung möglich war.