Auf Borkum gehört eine Wattwanderung zum Pflichtprogramm für jedermann. Bei Sonnenschein mit fast trockenem Sand unter den Fußsohlen und glitzernden Lichtreflexen macht das großen Spaß, doch auch windiges Wetter mit einem schnellen Wechsel zwischen blauem Himmel und dicken schwarzen Regenwolken hat seinen Reiz. Wir alle waren barfuß, die meisten hatten kurze Hosen, dicke Pullis und Regenjacken an.

Herbstwanderung im Watt. Foto: M. Moniac/CJD Oberurff
Herbstwanderung im Watt. Foto: M. Moniac/CJD Oberurff

Albertus Akkermann, unser Wattführer, trug Gummistiefel – er hatte noch mehrere Touren vor sich, die er mit bloßen Füßen nicht überstanden hätte.

Ein Physiklehrer steht im Watt...Foto: M. Moniac/CJD Oberurff
Ein Physiklehrer steht im Watt…
Foto: M. Moniac/CJD Oberurff

Trotz Ebbe stand das Wasser knietief, es wurde vom Wind in die Deutsche Bucht gedrückt, und selbst Bertus mit seinen zig Jahren Erfahrung war von der Höhe beziehungsweise Tiefe überrascht. Er erklärte viel zu den essbaren Gräsern (Hendrik „durfte“ kosten und glaubte anschließend Bertus‘ Ammenmärchen von der aphrodisierenden Wirkung), den Salzpflanzen, den Sukkulenten und der lebendigen Tierwelt im Watt, und dabei marschierten – oder eher: schlurften – wir immer weiter Richtung Schlickgrenze.

Plötzlich öffnete der Himmel seine Schleusen und wir bekamen einen kurzen, heftigen Schauer ab. Gleich danach wurden wir mit einem prächtigen Regenbogen entschädigt, und genauso schnell lief das Wasser ab. Bertus zeigte uns fette Wattwürmer und Herzmuscheln, die laufen können (alle gruben sich welche aus und konnten das Experiment selber nachmachen) und führte uns dann zu einem Schlickloch, in dem vor Jahren beinahe ein zwölfjähriger Junge ums Leben gekommen wäre. Bertus erzählt zwar gerne auch Schauermärchen, doch diese Geschichte hatte er selber erlebt und konnte nicht genug vor den Gefahren für leichtsinnige und unerfahrene Wattwanderer warnen.

Wattbesucher mit Wattbewohner. Foto: M. Moniac/CJD Oberurff
Wattbesucher mit Wattbewohner. Foto: M. Moniac/CJD Oberurff

Der Rückweg zum Festland war hauptsächlich rutschig und man musste höllisch aufpassen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Der inzwischen angetrockene Schlick wurde mit dem mitgebrachten Wasser von den Beinen und Füßen gespült, und ab ging’s mit den Rädern zur Waterdelle.

(Text: Marise Moniac, Gestaltung: Andreas Bubrowski)