Junge Menschen interessieren sich nicht für klassische Musik – oder?
Fack ju Mozart?“ lautete kürzlich die ins Auge stechende Headline im Feuilleton der Süddeutschen Zeitung (22. Januar 2014). Doch wirklich erschrecken konnte der Beitrag von Reinhard J. Brembeck selbst: Die klassische Musik ist am Sterben. Zwar schon lange totgesagt und tatsächlich nur noch am künstlichen Leben dank staatlicher und kommunaler Subventionen. Doch jetzt hat eine aktuelle Studie der Körber-Stiftung an den Tag gebracht, dass die JUGEND zum finalen Exekutor der Tradition klassischer Musik zu werden droht. Bei den unter 30-Jährigen hat nur jeder Zehnte im letzten Jahr ein Klassikkonzert besucht. Mehr als die Hälfte der Jungen lehnen demnach Klassik ganz ab, gehen also weder in Konzerte noch musizieren sie selbst. Und tatsächlich – wer eine der raren Klassikaufführungen auf dem Lande oder Konzerte in Kassel besucht, findet sich inmitten eines im Schnitt überalterten Publikums wieder, das sich etwas verklemmt-steif bewegt, uniform anzieht und in der Pause pseudo-fein 15 Euro für ein Glas billigen Sekt und eine labbrige Brezel bezahlt. Alles wenig anziehend für Jugendliche. Wie gut, dass im CJD Oberurff allem Trend zum Trotz die musische Bildung aktiv gepflegt wird. Obwohl – manch klassikliebender Teenager möchte sich dennoch besser nicht outen, wie unser Autor.
Zwischen Rihanna, Macklemore und Wagner
Von Anonymus
Viele können wahrscheinlich nur mit den ersten beiden Namen, Rihanna und Macklemore, etwas anfangen. Sie werden sich vielleicht denken, wer denn nur Wagner sei. Naja der, der denkt, das wäre ein angesagter Newcomer, den muss ich leider enttäuschen, denn er ist wohl einer der berühmtesten Komponisten des 19. Jahrhundert. Er schrieb Werke wie „Der fliegende Holländer“. Wenn man jemandem diesen Titel nennt, kann zurückkommen: „Ich kenne den fliegenden Holländer nur von SpongeBob“. Da klappen sich einem als Klassik-Fan doch die sprichwörtlichen Zehnnägel hoch (was bekanntlich sehr weh tun würde). Für mich gehört auch zur Allgemeinbildung, wenigstens ein bisschen über die größten deutschen Komponisten zu wissen. Aber ich will niemanden dazu zwingen, Klassik zu hören, und es ist auch nicht so, dass ich nur klassische Musik höre. Auch „neuste“ Musik höre ich sehr gerne.
Macklemore & Ryan Lewis – Can’t Hold Us
„Can’t Hold Us“ | Macklemore & Ryan Lewis from JON JON AUGUSTAVO on Vimeo.
Allerdings kann ich es nicht leiden, wenn ich jemanden sage, dass ich gerne Klassik höre und er darauf antwortet: „Warum hörst du so einen Scheiß?“ oder auch „Das ist so ein Mist, das hört doch keiner mehr.“ Dabei denkt man sich nur: Hättest du nur mal ein bisschen im Musikunterricht aufgepasst, dann wüsstest du, dass alle Musik, die du überall hörst, der Klassik entspringt, auch dein Bushido, Sido, Rihanna oder Macklemore.
(Teaser/Gestaltung: Andreas Bubrowski)
Kommentare
Gerade in Deutschland gibt es leider die Unterscheidung zwischen „E „- und „U“-Musik, also ernste und Unterhaltungsmusik. Das scheint gerade dazu aufzufordern, sich zwischen Klassik und Pop zu entscheiden. Wie wäre es mit einem Vergleich: Isst du lieber Pizza oder Schokoladenkuchen? Natürlich kann man beides mögen, je nach Appetit.
Dass klassische Musik einen wesentlich komplexeren Aufbau in Harmonik und Melodieverarbeitung hat, steht wohl ausser Frage, aber darum geht es hier ja nicht.
Oder doch? Ist die klassische Musik so komplex, dass sie die „Jugend von heute“ überfordert?
Ich denke nicht. Ein gutes Beispiel für ein Crossover von E- und U-Musik ist der Geiger David Garrett. Man kann ihn mögen oder nicht, aber er begeistert Massen- und das auch mit klassischer Musik. Hat diese Musik dann einfach nur das Problem, dass sie üblicherweise in einem eher steifen Rahmen präsentiert wird? Möglich.
In großen Städten wie beispielsweise Berlin oder Hamburg gibt es seit Jahren sehr erfolgreich die „Yellow Lounge“. Dort spielen renommierte klassische Instrumentalisten in angesagten Clubs, danach wird aufgelegt.
Aber: Club oder nicht, bei klassischer Musik muss man vielleicht einfach zuhören, um begeistert zu sein.
Der im Artikel erwähnte Kommentar „Warum hörst Du so einen Scheiß“ wirft meiner Erfahrung nach dem Klassikliebhaber oft eine gewisse Intoleranz der Popmusik gegenüber vor.
Aber bitte! Zunächst hören „diese Leute“, wie der Autor ja auch erwähnt, alle möglichen Musikstile. Und ausserdem: wer ist wirklich offener? Derjenige, der die neuesten Charts hört, oder der, der sich für unterschiedlichste Musik aus mindestens 300 Jahren musikalischem Wirken und Werken interessiert?
Hallo,
da ich weiß wer der Autor ist, kann ich Ihnen sagen, dass er genau so tickt wie Sie das beschrieben haben und ich das mit den 300 Jahren ganz genauso sehe. Zu Conny kann ich nur sagen, dass man es akzeptieren muss, wenn es jemand nicht hören möchte.
fG
Ich mag Klassik auch am liebsten! Sie ist durchdacht, es steckt so viel Wissen dahinter, alles Moderne ist in keinster Weise so genial wie Klassik
Wo und wann fängt Deiner Meinung nach das an, was Du MODERNE nennst? Gruß
Man sollte mit einer solchen Aussage doch sehr aufpassen: Meines Erachtens nach tragen viele TEXTE, also die Messages hinter Musikstücken, sogar zu einer erheblichen Wertsteigerung bei. – Man kann also nicht gehaupten, dass dort weniger Wissen dahintersteckt.
Trotzdem verstehe ich Deine Überlegung: Die musikalische Komplexität unserer heutigen Radio-Musik lässt doch sehr zu „wünschen“ übrig – falls das überhaupt „erwünscht“ IST? Das ist nämlich die andere Frage…
Genauso wenig wie wir erwarten sollten, dass Klassik von heutiger Jugend gemocht wird, sollten künftige Generationen erwarten, dass man unsere aktuelle Musik noch favorisiert. So ist (leider ?) die Entwicklung.