Traumabitur mit 894 von 900 Punkten – Maya Philippi im Interview
Zum Schuljahresende traf ich Maya Philippi, die sagenhafte 894 von 900 möglichen Punkten im Abiturjahrgang 2021 erzielt hat, zum Interview auf dem Schulcampus in Oberurff. Die Abiturientin aus Bad Zwesten verriet mir dabei unter anderem ihre zielführenden Lernstrategien, was sie an ihrer Schulzeit an der Christophorusschule schätzt und wie es sich anfühlt, ein „Corona-Abi“ in der Tasche zu haben.
Maya, herzlichen Glückwunsch zu deinem fantastischen Abiturschnitt und nachträglich zum Geburtstag. Wie fühlst du dich wenige Tage nach der Verabschiedung?
Es ist irgendwie gerade ein komisches Gefühl. Man weiß noch gar nicht, was auf einen zukommt. Ich bin gerade mitten im Bewerbungsverfahren der Universitäten. Es ist auch ein trauriges Gefühl, seine Freunde aus der Schule zurückzulassen, aber im Großen und Ganzen bin ich sehr freudig in Erwartung, was in Zukunft kommen wird.
Hast du denn da schon genaue Pläne, was du mit deinem gigantischen Abi-Schnitt anfangen möchtest?
Ich möchte Psychologie studieren, wahrscheinlich werde ich sogar nach Marburg gehen, das ist aber noch nicht zu 100 Prozent sicher. Es gefällt mir in Marburg sehr gut. Ich bin gerade noch dabei, mir ein paar andere Unis anzuschauen, aber es wird wohl auf Marburg hinauslaufen.
Was war denn dein genauer Schnitt? Herr Heimbucher kam bei seiner Rechnung auf rund 0,5?
Ich weiß nicht genau, wie Herr Heimbucher gerechnet hat. Es gibt da so eine Formel. Ich selbst habe bei 894 Punkten glatt 0,7 ausgerechnet. Aber vielleicht gibt es noch andere Wege, wie man die Note berechnen kann.
Was ist dein persönliches Erfolgsrezept?
Auf alle Fälle eine große Packung Fleiß. Ich habe wirklich sehr viel getan und würde sagen, dass ich auch ein Händchen dafür habe: Ich kann mich gut konzentrieren, ich kann lange sitzen und mich auch selbst für das Lernen motivieren. Generell geht es jedoch darum, lange solide zu arbeiten und gute Mitschriften zu haben, mit denen man gut für das Abi lernen kann, dementsprechend nah an den Curricula und an den Anforderungen zu arbeiten. Für meine schriftlichen Prüfungen habe ich beispielsweise vorher viel mit Altklausuren gearbeitet und bei den mündlichen Prüfungen habe ich darauf geachtet, welche Anforderungen meine Lehrer haben.
Wir gehen jetzt einmal ein paar Monate zurück, nämlich auf den 13. März 2020: Die Schulen wurden geschlossen. Wie ging es dir da? Was ging in dir vor?
Zum einen wusste man noch gar nicht, was kommt. Wir wussten nicht, wie lange und wie das Ganze ablaufen wird. Deswegen war es schon ein mulmiges Gefühl, weil man ja nicht wusste, wie das mit dem Abi laufen würde. Der Jahrgang vor uns hat ja dann geschrieben. Hessen war ja recht früh mit den Abiprüfungen. So konnten wir sehen, wie es da abläuft. Aber man hat sich schon Gedanken gemacht, dass da Stoff auf der Strecke bleibt und dass man etwas aufzuholen hat, was vielleicht auch gar nicht funktioniert.
Wann gab es grünes Licht für den Präsenzunterricht?
Eine Woche nach den Osterferien. Wir sind zum ersten Mal wieder am 27. April in die Schule gegangen. Wir waren also nur drei Wochen vor Ostern zu Hause, dann waren Ferien, dann gab es eine Woche zur Vorbereitung. Danach durften wir, da wir schon als Abschlussklasse gewertet wurden, wieder direkt in die Schule, was natürlich super war! Meine Schwester war zu diesem Zeitpunkt noch in der 10. Klasse, sie durfte noch nicht wieder zurück. Das war dann schade.
Schulschließungen, Wechselunterricht, Quarantäne-Maßnahmen: Wie schwer war die Prüfungsvorbereitung in Corona-Zeiten?
Bei mir ging es eigentlich. Ich hatte Lehrer, die sich sehr engagiert haben. Mit Frau Stelling haben wir uns beispielsweise häufig außerschulisch getroffen, um Stoff zu wiederholen. Ich habe aber gemerkt, dass zu einem großen Teil gar nicht so viel Stoff auf der Strecke geblieben ist, sodass man trotzdem gut arbeiten konnte. Da wir häufig in Kontakt mit den Lehrern waren, ging das meistens gut.
Befürchtest du oder befürchten deine Mitschüler Nachteile, etwa dass der Stempel „Corona-Abitur“ an eurem Abi-Jahrgang haftet? Habt ihr Sorge, lebenslang auf einem „besonderen“ Abitur zu sitzen?
Darüber habe ich am Anfang oft nachgedacht, bevor feststand, inwiefern wir die Prüfungen machen können. Da war auch oft die Rede von „Durchschnitts-Abi“. Natürlich ist es verlockend zu sagen: „Ihr müsst keine Prüfungen machen.“ Man möchte aber doch, weil man sich lange darauf vorbereitet hat und man eben diesen Stempel des „Corona-Abi“ nicht haben will. Ich bin gespannt. Inzwischen würde ich sagen „nein“, weil wir ganz regulär unsere Prüfungen gemacht haben, es wurden regulär die Prüfungsbedingungen hergestellt, ich habe alle meine Prüfungsfächer abgelegt. Corona gab es nur einen geringen Teil unserer Schullaufbahn, wir haben nicht jahrelang unseren Stoff verfehlt. Es waren jetzt zwar schon eineinhalb Jahre. Am Anfang des Jahres hatten wir aber beispielsweise nur Vorbereitung auf das Abitur. Ich hoffe, dass es nicht so ist, weil wir unter regulären Bedingungen die Prüfung abgelegt haben.
Welche Lernstrategien hast du angewandt?
Ich lerne sehr viel über das Schreiben. Visuell auch, aber vor allem handschriftlich. Ich habe mir Lernzettel geschrieben für das Abitur. Es gibt aber unterschiedliche Lerntypen, visuell auditiv und so weiter. Mit diesen Lernzetteln habe ich dann wirklich gelernt. Der größte Fehler ist, sich diese Lernzettel nur durchzulesen und zu denken: „Das weiß ich.“ Abrufen und erklären kann man es dann meistens nicht. Deswegen war meine Taktik, das Geschriebene auswendig durch- und vorzusprechen. Ich habe mich dann auch häufig mit einer Freundin aus Zwesten aus dem Bio-LK getroffen. Wir beide haben das Fachwissen, konnten uns gegenseitig abfragen. Ich habe mir auch teilweise Sachen vorgesprochen, aufgenommen und wieder angehört. Mir war es wichtig, viele verschiedene Reize zu setzen. Am Anfang sollte man darauf achten, den Stoff zu haben, das Curriculum durchgehen, sich an dem Erlass „langhangeln“, das Material zusammensuchen und je nach Lerntyp entscheiden, wie man sich am besten vorbereitet.
Dann startete das schriftliche Abi im Frühjahr. Mit welchen Erwartungen und Ängsten bist du in die Prüfung gegangen?
Ich wusste schon sehr lange, dass ich Psychologie studieren möchte. Zwischendurch stand auch Medizin im Raum, aber das habe ich schnell wieder verworfen. Bei Psychologie ist ein guter Schnitt sehr wichtig. Dementsprechend hatte ich eine hohe Erwartung an mich selbst, weil ich weiß, wie viel ich getan habe, auch in den letzten Jahren, und mich dafür mit einem guten Abi belohnen wollte für den Aufwand, den ich betrieben habe. Natürlich war ich vor den Prüfungen aufgeregt und man hat auch gemerkt, nachdem die erste Prüfung vorbei war, dass es gar nicht so schlimm ist. Trotzdem war immer diese Angst da, dass man am Thema vorbeigeschrieben oder sich nicht genug vorbereitet hat, dass man, obwohl man so viel getan hatte, etwas vergessen hat. Deshalb musste man lernen, mit der Nervosität umzugehen, im Endeffekt hat aber alles funktioniert.
Wie hast du deine Oberstufenzeit in Oberurff erlebt?
Es war eine sehr schöne Zeit, weil man als Jahrgang noch viel mehr zusammengewachsen ist als vorher. In der Mittelstufe war ich eher im Klassenverband unterwegs. Nach der Berlin-Fahrt in der 10 und ab der 11, als ich noch vier Monate im Ausland war, auf dem Rhetorik-Seminar in Marburg kam eine gute Stimmung im gesamten Jahrgang auf und es hat sich ein gutes Miteinander entwickelt. In unterschiedlichen Kursen trifft man auf unterschiedliche Leute und versteht sich mit ihnen auf unterschiedlichen Ebenen. Das hat sehr viel Spaß gemacht.
Und im Ausland warst du auch…?
Ich war vier Monate in Kent in England. Das war eine Erfahrung, die ich auf keinen Fall mehr missen möchte. Das waren tolle vier Monate, ich habe tolle Leute kennengelernt. Mit meiner Gastmutter stehe ich immer noch in Kontakt. Ich fahre, so weit es die Lage zulässt, auch bald wieder rüber. An dem Aufenthalt bin ich total gewachsen und das hat mir persönlich auch sehr viel mitgegeben.
Was wird dir von deiner Schulzeit besonders in Erinnerung bleiben?
Das Gesamtpaket an sich. Drei schöne Jahre in der Oberstufe. Ich weiß noch, wie wir vor Corona immer im Schloss essen waren. Man hat sich immer auf die Mittagspause gefreut, weil einfach das Essen so gut war und weil man wirklich alle Leute getroffen hat. Man saß um 13 Uhr quasi schon fertig im Unterricht und hat auf die Uhr geschaut und sich auf die Mittagspause gefreut. Das war die beste Zeit des Tages – außerhalb des Unterrichts – ein bisschen zu quatschen, auch Leute zu sehen, mit denen man nicht so viele Kurse zusammen hat. Dieses Miteinander war besonders schön.
Was gibst du kommenden Abiturienten mit auf ihren Weg?
Ich finde, man muss sich ein Ziel setzen. Das muss nicht unbedingt der Schnitt sein. Man sollte sich unabhängig von Noten einen Motivationspunkt setzen. Meiner war es, Psychologie studieren zu können, und dementsprechend zu wissen, wofür man das macht, das ist glaube ich eine ganz wichtige Sache. Am Anfang hat man nur gelernt, um gute Noten zu schreiben oder weil die Eltern gesagt haben: „Schreib gute Noten!“ Diesen Druck hatte ich nicht. Man muss sich ein Ziel setzen, auf das man gerne hinarbeitet und worauf man stolz ist, es erreicht zu haben. Momentan geht es mir total gut, da ich weiß, dass das Ziel, das ich mir gesetzt habe, übertroffen habe, dass ich auf meine Fähigkeiten vertraut habe und dass alles so hingehauen hat, wie es sollte. Also, es ist eine Kombination aus Motivation, Ausdauer und Fleiß. Es geht oft darum, sich auf den Hosenboden zu setzen und mal zu sagen: „Nein, ich treffe mich jetzt nicht oder ich zocke jetzt nicht noch eine Stunde oder gucke noch einen Film oder noch eine Folge, sondern ich setzte mich jetzt an meinen Schreibtisch und mache noch was, auch wenn es nur eine halbe Stunde ist.“ Das ist mehr, als man vielleicht vorher getan hätte.
Ich danke dir herzlich für dieses Interview, liebe Maya, wünsche dir Erfolg wie bisher, einen schönen Sommer und alles Gute für deine Zukunft!
Von Lisa Marie Meckbach | Bild und Gestaltung: Thorben Fleck
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